Mehr als einmal fiel mir dann jener Abend wieder ein, an dem Du meintest: So ganz neutral und unschuldig scheint es mir manchmal nicht, wie Du es hinstellst.
Wenn Du mir so in die Augen schautest, blickte ich manchmal unverwandt zurück, nur um zu sehen, wer es von uns beiden länger erträgt. So entwickeln sich normalerweise die heftigsten Romanzen, hattest Du damals noch gesagt. Eigentlich ist das sogar so etwas wie eine Gesetzmäßigkeit. Und mit Herzklopfen entgegnete ich: Nimm's mir nicht übel, aber eben klingst Du eher so, als hättest Du genau davor Angst. Dass Dir das passieren könnte.
Warum sollte ich dir das übel nehmen? Das habe ich doch gemeint.
Und wenn es so wäre - wäre das so schlimm?
Ja, mein Gott, brach es aus Dir heraus. Ich will nichts, dass mich aus der Ruhe, aus dem Gleichgewicht bringt. Ich will keine Aufregung, keine Spannung. Ich will nach nichts mehr suchen müssen und auch nicht das Gefühl haben, irgendwo etwas finden zu können. - Ich kann es in einem Satz sagen: Ich bin müde.
Ich weiß, dass Du müde bist, ich weiß, antwortete ich leise. Da sollte es noch vier Jahre dauern, bis ich an demselben Punkt angelangt sein würde.
Einst hattest Du den Mut, Grenzen zu überwinden, aber diesmal wähltest Du das Gewohnte und bliebst, wo Du warst. Ich küsste andere, spürte nichts und sah Dir aus der Ferne zu, wie Du auch nicht glücklich warst.
Alle paar Wochen telefonierten wir, doch die heitere, vertraute Stimmung am Telefon wollte uns bei unseren seltenen Treffen nicht gelingen. Immer noch sahst Du mir einen Moment zu lang in die Augen, immer häufiger senkte ich den Blick, damit Du nicht bemerktest, wie sich deren Farbe verändert. Meistens musstest Du dann plötzlich weg, und ich blieb ratlos zurück.
Zwei Jahre lang habe ich die Stadt gemieden. Die Stadt, die mir von Anfang an vertraut war. Deine Stadt. Nun war ich wieder da und spürte, wie sehr ich sie vermisst hatte.
Die Versuchung, Deine Nummer zu wählen, die so leicht zu merken und so schwer zu vergessen ist, war groß. Ich habe Dich nicht angerufen. Denn vielleicht hättest Du mir wieder einen Moment zu lang in die Augen geschaut.
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Es dauerte dann noch fast ein ganzes Jahr, bis ich ging. Im Nachhinein fragte ich mich manchmal, worauf ich eigentlich gewartet hatte.
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Wohlwissend, dass das nicht funktionieren würde.
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A fool for love
And all it brings
So high and wise
Could read your mind
A fool for love
And love is blind
A crowded street
An empty train
A fool for love
You cry in vain
- Brian Ferry, Dave Stewart: A Fool for love -
2005 wird es also wieder passieren. Dabei habe ich mich doch gerade erst vom letzten Mal halbwegs erholt.
Wie immer wird es ein Mann sein, der mir mit klugen Worten den Kopf verdreht. Einer, der gut riecht. Nach sich und der Verheißung "alles wird gut". Ich aber werde fortan nur noch den Wunsch haben, mein Gesicht an seinem Hals zu bergen und ein- und auszuatmen.
Ich bin müde. Ich will nicht.
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Zähle die Mandeln,
zähle, was bitter war und dich wachhielt,
zähl mich dazu:
Ich suchte dein Aug, als du's aufschlugst und niemand dich ansah,
ich spann jenen heimlichen Faden,
an dem der Tau, den du dachtest,
hinunterglitt zu den Krügen,
die ein Spruch, der zu niemandes Herz fand, behütet.
Dort erst tratest du ganz in den Namen, der dein ist,
schrittest du sicheren Fußes zu dir,
schwangen die Hämmer frei im Glockenstuhl deines Schweigens,
stieß das Erlauschte zu dir,
legte das Tote den Arm auch um dich,
und ihr ginget selbdritt durch den Abend.
Mache mich bitter.
Zähle mich zu den Mandeln.
- Paul Celan -
(aus: Gesammelte Werke: Band I (Suhrkamp), Frankfurt am Main 1983, S. 78.)... link ... 9-faches Echo ... comment
You say we're not responsible
But we are, we are
- Ana Johnsson: We are -
Nie erwiderte sie meinen Gruß, wenn wir uns im Hof begegneten. Das Wenige, was ich von ihr weiß, hat mir die Nachbarin von gegenüber erzählt, nachdem die beobachtet hatte, wie ich das Spielzeug der beiden Kinder vom Weg aufhob, damit es niemand im Dunkeln zertritt. Der Ex-Mann wäre ein Tyrann gewesen. Hat sie eingesperrt, war immer wie Gefängnis. Älter wäre er auch gewesen, aber sie hätte sich schließlich scheiden lassen und ein Studium begonnen. Früher hätte sie öfter mit ihr, der Nachbarin, gesprochen, aber jetzt sie redet mit niemand mehr. Wahrscheinlich hatte sie es nicht leicht, trotzdem ärgerte ich mich im Stillen etwas, als sie bei unserer letzten Begegnung wenige Tage vorher mich einmal mehr nur stumm anstarrte.
In jenem Jahr verlief mein Leben mittwochs sehr regelmäßig, stets kam ich abends um kurz vor sieben Uhr nach Hause, nur ausgerechnet an jenem Abend nicht. Ich hatte alle Verpflichtungen sausen lassen, war einfach für ein paar Tage fortgefahren. So sah ihn keiner vor der Tür stehen, bemerkte niemand ihre Angst, als sie um kurz vor sieben Uhr nach Hause kam, wo er schon mit dem Messer auf sie wartete. Ich hörte erst das Weinen ihrer Schwester, drei Tage später, unten im Hof.
Assassino, assassino.
Ihre Rufe, ihr Schluchzen hallten lange Zeit nach in meinem Kopf.
In dem Zimmer, in dem sie starb, schläft heute ein kleiner Junge. Nachts brennt dort oft eine kleine Lampe, wahrscheinlich fürchtet er sich im Dunkeln.
Ihr Name war Elisa. Sie wurde 25 Jahre alt.
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Die letzten Ausläufer des Tsunami erreichen am Sonnabend die Eifel.
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Das Traurigste aber war, dass er das auch noch mit einem Lachen sagte.
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