Samstag, 18. Februar 2012
Hering aus Tallinn
Im Advent schickte mir eine Freundin, die ebenfalls Schneekugeln macht, ein Päckchen. Darin lagen zwei Tüten mit Plätzchen, eine Karte und ein Glas mit rötlichbraunem Inhalt, es sah aus wie ein Chutney. Lass es Dir schmecken, schrieb sie mir in ihrer hübschen Handschrift. Der Hering ist aus Tallinn, las ich weiter, die Plätzchen selbst gebacken.

Ich machte mich über die hervorragenden Plätzchen her und bedankte mich gleich für diese schöne Überraschung: Diese Heringsspezialität aus Tallinn isst man aufs Brot oder wie? Ich dachte, ich frage lieber erst einmal, schrieb ich ihr, denn Du wirst das ja sicherlich aus Deinem Urlaub dort kennen. Die Plätzchen sind sehr gut, die erste Tüte ist bald leer.

Wie schön, das freue sie, antwortete sie mir. Bis auf ihre Sauklaue ... oder habe sie etwa im Tran tatsächlich Hering geschrieben? Denn bei der Heringsspezialität aus Tallinn handele es sich einfach nur um Honig. Der sei zwar deftig gewürzt, aber nach Fisch schmecke er nicht.

Als ich mich von dem Lachanfall wieder erholt hatte, nahm ich Karte und Glas nochmals zur Hand. Da stand eindeutig Honig - auch das Glas ließ eigentlich keinen Zweifel daran. Auf der Rückseite entdeckte ich diesmal das Etikett: Mesi mesindussaadustega steht darauf, den goldfarbenen Deckel ziert ein Muster aus Bienen und Waben.

Die Freundin und ich kennen uns heute auf den Tag genau zehn Jahre. Zur Feier schmiere ich mir jetzt ein Brot mit Heringshonig aus Tallinn.

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Honigbrot ist was Feines : )

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Diese Sorte schmeckt allerdings etwas gewöhnungsbedürftig. Es könnte Sanddorn darin sein, die Farbe deutet auch darauf hin.

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Hmm.. Sanddorn hab ich letzten oder vorletzten Winteranfang mal in versch. Weise konsumiert und... fand ich auch gewöhnungsbedürftig : )

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Mir sagt der am ehesten noch in Cremes und Duschgels zu. Lebensmittel mit Sanddorn habe ich schon diverse getestet, aber so richtig begeistert hat mich bislang noch keines.

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Es sagt auch eine Menge aus über die kulinarische Bedeutung der Ostseeküste, dass man da Sanddorn als Spezialität ansieht und preist.

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Naja,
jedenfalls fanden meine Frau und ich das Essen in Estland (auch jenseits von Tallinn) durch die Bank abwechslungsreicher und besser als das, was uns voriges Jahr in der Normandie so alles aufgetischt wurde.

Wobei ich bekennen muss, an ausgesprochene regionale Spezialitäten des Baltikums kann ich mich nicht mehr so recht erinnern.

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Zumindest haben die dort kulinairsche Besonderheiten, und Sanddorn scheint es ziemlich in sich zu haben, was gesund sein soll (Dank der Ostsee-Zeitung weiß ich nun auch, dass er nur alle drei Jahre geschnitten werden darf - wieder was gelernt).

Gibt es eigentlich in der Region, aus der Sie ursprünglich stammen, irgendwelche Spezialitäten? Mir sind, ehrlich gesagt, keine eingefallen.

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Abgesehen
vom Mannemer Dreck müsste ich da jetzt auch überlegen. Natürlich gibt es in der Küche der Kurpfalz einen pfälzischen Einschlag, aber man wird auf der Karte auch vielerorts Gerichte finden, die eher dem schwäbischen Dunstkreis entstammen. Ansonsten ist Schwetzingen für seinen Spargel berühmt, der typische Kurpfälzer fällt fast vom Glauben ab, wenn er erfährt, dass die Königin der Gemüse auch anderswo Hof hält, sei es in DA-Weiterstadt oder gar (horribile dictu) in der früheren SBZ.

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Die Frage richtete sich eigentlich an Madame Modeste, aber jetzt weiß ich, nicht nur was "Mannemer Dreck ist", sondern auch, wer ihm ein musikalisches Denkmal gesetzt hat (ich bin der Dame ja in meiner Jugend mal begegnet und bin von ihrem Begleiter angecheckt worden - sie war sehr nett, ihn fand ich unsympathisch). Mein Geburtsort ist berühmt für grüne Soße, Bethmännchen, Quetschemännchen, Brenten und den Kranz, Würstchen, Rippche mit Kraut, Handkäs mit Musik und Äppelwoi.

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Die Frage richtete sich eigentlich an Madame Modeste...

Ich hatte es befürchtet. ;-) Aber so hab ich jetzt dazugelernt, woher Rippche mit Kraut kommt. Das hätte ich eher so für universal-süddeutsch gehalten. Bei meinen Vorfahren mütterlicherseits in Badisch-Sibirien und somit auch bei uns war das völlig gängig. Wie auch Schupfnudeln, nur dass man die nicht mit dem schwäbischen Begriff Buabaspitzle bezeichnete, sondern als "Stöpferle". An "Grie Sooß" hat sich meine Mutter auch da und dort versucht, aber als besonders lecker habe ich das nicht in Erinnerung (was nichts heißen muss, da ich in Essensdingen eh ziemlich verkorkst bin).

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Bei der "Grie Sooß" darf man nicht den Fehler machen, zuviel Mayonaise zu nehmen, passiert aber leider häufig. Rippche mit Kraut wird auch andernorts in Hessen gern gegessen und finden sich sogar in einer gewissen "satanischen Botschaft". ;-)

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