Mittwoch, 21. Dezember 2005
Unser ungelebtes Leben
19.12.35
Seine liebevolle Geduld, diesen Wahnwitz damals mitzumachen, die Unruhe, die Geduld, neben einem Menschen zu leben, der wie ewig gejagt war, der immerzu Furcht, nein, Angst gehabt hat, jene Angst, die keinen Grund hat, keinen anzugeben weiß - heute wäre sie nicht mehr nötig. Heute weiß. Wenn Liebe das ist, was einen ganz und gar umkehrt, was jede Faser verrückt, so kann man das hier und da empfinden. Wenn aber zur echten Liebe dazu kommen muß, daß sie währt, daß sie immer wieder kommt, immer und immer wieder -: dann hat nur ein Mal in seinem Leben geliebt. Ihn.Es war wie Glas zwischen uns - ich war schuld.
- Kurt Tucholsky (9.1.1890 - 21.12.1935) an Mary Gerold -
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Sonntag, 11. Dezember 2005
Ins Poesiealbum geschrieben
Man muß einen einfachen, eindeutigen Satz schreiben lernen. Das tut jedem gut.
- Ernest Hemingway -
Manche lernen es wohl nie.... link ... 42-faches Echo ... comment
Donnerstag, 1. Dezember 2005
Gurgelnder Gully
In dieser zum Himmel stinkenden Pfütze ist Kai Diekmann Kapitän, Mathias Döpfner Großadmiral und Friede Springer Bademeisterin ehrenhalber. Hier dürfen sie einmal werktäglich Menschen kielholen, Genitalien mit Spuckebatzen aus Druckerschwärze bespeien und die Schlagzeilenpeitsche über Unterhosen schwingen. Im Miasma dieser Waschküchenlauge, die ihr natürliches Biotop ist, dürfen Kai Diekmann, seine Untergebenen und seine Vorgesetzten sich an dem ozeanischen Gefühl der Macht über den Leumund jedes Menschen ergötzen, der sich einbildet, ein Privatleben führen zu dürfen.
- G. Henschel: Von Tag zu Tag wird’s schmutziger. "Bild" als Kulturproblem -
"Wer Bild als Kolumnist oder als Interviewpartner dient, der ist ethisch gerichtet und hat seinen intellektuellen und moralischen Bankrott erklärt", schreibt Gerhard Henschel am Ende dieses lesenswerten Artikels in der Online-Ausgabe der Kulturzeitschrift Merkur - Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken.
Wem gleich nochmal hat die neue Bundeskanzlerin ihr erstes Interview gegeben?
- G. Henschel: Von Tag zu Tag wird’s schmutziger. "Bild" als Kulturproblem -
"Wer Bild als Kolumnist oder als Interviewpartner dient, der ist ethisch gerichtet und hat seinen intellektuellen und moralischen Bankrott erklärt", schreibt Gerhard Henschel am Ende dieses lesenswerten Artikels in der Online-Ausgabe der Kulturzeitschrift Merkur - Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken.
Wem gleich nochmal hat die neue Bundeskanzlerin ihr erstes Interview gegeben?
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Dienstag, 1. November 2005
November
No shadow
No stars
No moon
No care
November
It only believes
In a pile of dead leaves
And a moon
That's the color of bone
(...)
November has tied me
To an old dead tree
Get word to April
To rescue me
November's cold chain
- Tom Waits: November -
No stars
No moon
No care
November
It only believes
In a pile of dead leaves
And a moon
That's the color of bone
(...)
November has tied me
To an old dead tree
Get word to April
To rescue me
November's cold chain
- Tom Waits: November -
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Mittwoch, 19. Oktober 2005
Es weht ein Hauch heran
There's a whiff of something decaying, these days.
Darauf will ich schon seit Tagen aufmerksam machen, aber ich komm' ja zu nix.
Darauf will ich schon seit Tagen aufmerksam machen, aber ich komm' ja zu nix.
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Montag, 3. Oktober 2005
A Room of One's Own
Everyone carries a room about inside them. This fact can even be proved by means of the sense of hearing. If someone walks fast and one pricks up one's ears and listens, say at night, when everything round about is quiet, one hears, for instance, the rattling of a mirror not quite firmly fastened to the wall.
- Franz Kafka (von Max Richter vertont als Blue Notebooks) -
Und beim geschätzten Herrn Gheist, von dem ich diesen Text kurzerhand ausgeborgt habe, gibt es ihn auch noch vorgelesen. Von Tilda Swinton, um genau zu sein, und das klingt so schön, dass es sich jeder selbst anhören sollte.... link ... 13-faches Echo ... comment
Dienstag, 20. September 2005
Winston says
Passive Lohnveredelung. Auch so etwas.
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Donnerstag, 15. September 2005
Ruinenblüten
Es war keine Berufung und keine besondere Begabung, die mich zum Schreiben drängten, sondern ganz einfach das Rätsel, das mir ein Mann aufgab, den zu finden ich keine Chance hatte, und all die Fragen, auf die es niemals eine Antwort geben würde.
- Patrick Modiano: Ruinenblüten -
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Freitag, 9. September 2005
Writing on the wall (II)
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Mittwoch, 7. September 2005
Wirklich sein
„Wirklich - das hat nichts damit zu tun, was man in sich oder an sich hat“, antwortete das Spielzeugpferd, „wirklich - das ist etwas, das dir passiert! Wenn dich ein Kind ganz, ganz lange liebhat, nicht nur so zum Spaß, sondern wirklich liebhat, dann wirst du wirklich.“
„Tut das weh?“, wollte der kleine Hase wissen. „Manchmal schon“, sagte das Pferd, denn es sagte immer die Wahrheit. „Wenn du wirklich bist, macht es dir nichts aus, wenn es weh tut.“
„Geschieht das auf einmal, wie beim Aufziehen, oder nach und nach?“, fragte der Hase.
Und das Pferd antwortete: „Nein, nicht auf einmal. Es dauert lange, bis du wirklich wirst. Deshalb passiert es denen so selten, die leicht zerbrechlich sind oder scharfe Kanten haben oder ganz vorsichtig angefaßt werden müssen. Man kann sagen, dass dann, wenn du wirklich geworden bist, fast alle deine Haare verschwunden sind - vor lauter Liebe, weißt du! Und dass deine Augen herausgefallen sind und du ganz ausgeleiert und ziemlich schäbig bist. Aber das macht dir dann überhaupt nichts aus. Denn wenn du erst wirklich bist, kannst du nie mehr häßlich sein, außer für Leute, die gar keine Ahnung haben."
„Tut das weh?“, wollte der kleine Hase wissen. „Manchmal schon“, sagte das Pferd, denn es sagte immer die Wahrheit. „Wenn du wirklich bist, macht es dir nichts aus, wenn es weh tut.“
„Geschieht das auf einmal, wie beim Aufziehen, oder nach und nach?“, fragte der Hase.
Und das Pferd antwortete: „Nein, nicht auf einmal. Es dauert lange, bis du wirklich wirst. Deshalb passiert es denen so selten, die leicht zerbrechlich sind oder scharfe Kanten haben oder ganz vorsichtig angefaßt werden müssen. Man kann sagen, dass dann, wenn du wirklich geworden bist, fast alle deine Haare verschwunden sind - vor lauter Liebe, weißt du! Und dass deine Augen herausgefallen sind und du ganz ausgeleiert und ziemlich schäbig bist. Aber das macht dir dann überhaupt nichts aus. Denn wenn du erst wirklich bist, kannst du nie mehr häßlich sein, außer für Leute, die gar keine Ahnung haben."
- Margery Williams: Der kleine Kuschelhase -
zitiert nach Joyce Maynard: Tanzstunden.
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