Freitag, 25. Dezember 2015
Lernt mehr Lieder
Dass die Weihnachtschristen sich nur einmal im Jahr in der Kirche blicken lassen, finde ich nicht schlimm. So oft gehe ich auch nicht, schließlich arbeite ich an zwei Sonntagen im Monat in der Manufaktur und an den anderen kann ich mich auch häufig nicht aufraffen. Aber ich wünschte wirklich, dass die Weihnachtschristen mal mehr Kirchenlieder lernen, gerade zu Weihnachten gibt es sehr schöne, etwa Ich steh an Deiner Krippen hier, Fröhlich soll mein Herze springen oder auch Tochter Zion. Dann müsste es nicht immer Stille Nacht sein, weil es neben O Du fröhliche das einzige Lied ist, dass die Weihnachtschristen kennen und mitsingen.

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Ich war 2014 seit Ewigkeiten mal wieder im Weihnachtsgottesdienst, und bei "Tochter Zion" musste ich auch passen. Zumindest hatte ich rudimentäre Erinnerung daran, dass es dieses Lied gibt, aber diverse andere Nummern waren mir völlig unbekannt, obwohl ich in meiner Kindheit und Jugend (zwangsweise) regelmäßiger Kirchgänger war. Vielleicht kam verschärfend hinzu, dass ich meine Frau in den evangelischen Gottesdienst begleitet habe, jenseits der ökumenischen Standards gibt es bei den unterschiedlichen Bekentnissen ja doch noch Abweichungen im präferierten Liedgut. Bei den Katholen wäre der Anteil an mir bekannten Liedern vielleicht größer gewesen.

Und dann will mir scheinen, als wäre in den vergangenen 40 Jahren an so manchem Lied noch herumgedoktert worden. "Wachet auf, es ruft die Stimme" habe ich noch anders (will sagen: schöner, aber auch etwas komplizierter) im Ohr, als es heute gesungen wird. Und das kann nicht nur ein konfessioneller Unterschied sein, es fiel mir auch vor ein paar Jahren auf, als wir mal mehr oder weniger zufällig in einen katholischen Jahresend-Gottesdienst gerieten.

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Wie ich eben nachlas, gibt es im katholischen Gotteslob 145 ökumenische Lieder, von denen 90 auch im evangelischen Gesangbuch zu finden sind - wobei sich die Gesangbücher der evangelischen Landeskirchen auch wieder von einander unterscheiden. Als das Gesangbuch der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau vor etwa 20 Jahren überarbeitet wurde, flog leider das Lied Der Herr bricht ein um Mitternacht raus - ich fand eben auf Youtube nur katholische Versionen mit einer anderen Melodie. Gut möglich also, dass auch die Gesangbuchversion der Bach-Kantate Wachet auf, ruft uns die Stimme irgendwann einmal vereinfacht wurde. Oder wir Protestanten haben die schon immer anders gesungen.

Die Melodie von Tochter Zion stammt von Händel, aus einem seiner Oratorien, im Original hat es einen heroischen Text, deshalb singen sie es heute noch in der Last Night of the Proms. Hierzulande wurde es erst als Adventslied ein Hit - in englischsprachigen Ländern und in Frankreich ist es jedoch ein Osterlied. Aber mit Mendelssohn-Bartolds Hark the Herald Angels sing lief es ja nicht anders, nur in umgekehrte Richtung. Er schrieb es als Auftragsarbeit anlässlich eines Gutenberg-Jubiläums zur Feier der Buchdruckkunst, der Originaltext soll zu Recht vergessen worden sein.

Im Hinblick auf die Unterschiede reicht es in einer unierten Landeskirche* übrigens, von einem Ende der Stadt ans andere zu ziehen. Die Gemeinde, der ich nun schon seit zehn Jahren angehöre, pflegt eine geradezu hochlutherische Liturgie, es gibt Stellen, die mir immer noch nicht richtig vertraut sind. Außerdem gibt es beim Abendmahl nur diese strohigen Oblaten (urghs), ich bin Brot zum Abendmahl gewohnt. Wenigstens haben sie hier keine Einzelkelche, das hat so etwas von Schluckimpfung.

* Die Trippmadam schrieb unlängt über Hugenotten in der Praxis und erläuterte nebenbei, wie das so läuft mit dem uniert sein in der EKHN.

Mendelssohn-Bartholdys Großvater mütterlicherseits war übrigens Pfarrer der französisch-reformierten Gemeinde in Frankfurt gewesen, Felix Vater Abraham wurde in der Kirche 1822 getauft und heiratete 15 Jahre später dort auch seine Frau Cécile Charlotte Sophie Jeanrenaud.

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Das aktuelle Gotteslob ist ja auch schon nicht mehr die Version, die damals im Erzbistum Freiburg das Magnifikat ersetzte.

Was die Uniertheit angeht, ja, den Beitrag der Trippmadam hatte ich gelesen, aber ich bin da schon bei den Unierten katholischerseits kaum durchgestiegen, mein Vater war nämlich griechisch-katholisch - damit wussten viele auch nicht so recht etwas anzufangen, und wo genau das nun zwischen römisch-katholisch und orthodox zu verorten ist, wüßte ich auch nicht zu sagen, ohne wikipedia zu bemühen.

Und Liturgie - im badisch-sibirischen Heimatdorf meiner Mutter habe ich als Kind noch lateinische Messen nach dem alten Ritus vor vor dem 2. Vatikanischen Konzil erlebt. ;-)

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Das hat doch bestimmt etwas mit Ostrom und Westrom zu tun, oder? Gehörte Ihr Vater der Ukrainisch griechisch-katholischen Kirche oder der Ruthenisch griechisch-katholischen Kiche an? Wie ich nun weiß, gibt es auch eine Griechische griechisch-katholische Kirche, des Weiteren gibt es diese Kombination noch mit Albanisch, Bulgarisch, Mazedonisch, Russisch, Slowakisch und Ungarisch, außerdem gibt es noch eine Melkitisch griechisch-katholische Kirche - falls jemand wissen will, wo die ansässig ist: in Syrien und im Libanon.

Begeisterte sich nicht Cassandra am Teetisch für die lateinische Messe?

Ich kannte mal einen Ex-Katholiken, der aus einer Gemeinde mit Opus Dei-Priester stammte, als Kind Messdiener war und als Erwachsener wenig überraschend zu den missionierenden Atheisten zählte.

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Griechisch-katholisch stand in den Papieren von Papa, aber über genauere Zugehörigkeiten hat er nie ein Wort verloren. Wenn ich es richtig verstanden habe, war die Lemberger Ecke, aus der er stammte, der ukrainischen Kirche zugeodnet, die Stadt war sogar mal Bischofssitz. Die ruthenische Kirche wirkte wohl hauptsächlich weiter südlich Richtung Karpaten mit Zentrum Ushorod. Der Ritus bei beiden Kirchen ist aber byzantinisch, was auch immer uns das sagen will. Und Westrom, Ostrom - alles eins in Yog Sothot. ;-) Konstatinopel ist ja bekanntlich das zweite Rom, wohingegen sich Moskau als das dritte Rom versteht.

Ja, Cassandra hatte mal für die lateinische Messe geschwärmt, klang für mich nach einem Versuch, als Hardcore-Katholin anzuecken und zu provozieren. Ich würde den alten Ritus auch nicht pauschal verdammen, aber im Sinne der verbesserten Interaktion Pfarrer/Gemeinde finde ich die der Gemeinde zugewandte Liturgie in Landessprache vorteilhafter. Davon abgesehen: Die vergleichsweise Kargheit der evangelischen Gottesdienste hat ihre Pluspunkte, wenn es darum geht, eher den Verstand anzusprechen, wohingegen das katholische Brimborium mehr auf der emotionalen Schiene punktet. Mir ist das inzwischen aber alles ziemlich einerlei, ich halte sowohl die katholische als auch die reformierte Kiste für eine weitgehende Irrlehre mit ein paar Restversatzstücken an tatsächlich christlichem Gehalt. Der mag bei den Protestanten prozentual höher liegen als bei den Katholen, aber leider sind die Reformatoren meiner Ansicht nach auf halbem Weg stehen geblieben bei den Versuchen, die Irrtümer der katholischen Kollegen zu korrigieren.

Aber das nur am Rande, missionieren muss ich für diesen Standpunkt nicht. ;-)

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Faszinierend. Man muss die alte Frau im Himmel mit ihrem langen Bart rund um die Uhr bewundern, dass sie nie mit was durcheinanderkommt. Bei den Trilliarden an Spielarten allein seligmachender Mentalität unter ihren Followern.

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Den Begriff Weihnachtschristen habe ich so noch nicht gehört. Er gefällt mir aber sehr gut und ist treffend. Werde ich in meinen Wortschatz einbauen. Danke dafür....

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gibts auch anderswo liebevoll bezeichnet als ramadanmuslime;-)

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