Montag, 4. Februar 2008
Super Tuesday
Mal abgesehen von der Frage, ob einen die Jahre als First Lady und die Planung einer dann doch gescheiterten Gesundheitsreform automatisch besser für das Präsidentenamt qualifizieren, leuchtet mir das Argument mit der größeren Erfahrung nicht so ganz ein. Schließlich war George W. Bush vor seinem Amtsantritt fünf Jahre lang Gouverneur von Texas gewesen, bei seiner Wiederwahl hatte er vier Jahre im Weißen Haus hinter sich ... Und, hat das irgendetwas genutzt?

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Tja.
Leider drängt sich der Eindruck auf, daß ohnehin egal ist, wer da zum Kandidaten und schließlich zum Präsidenten gewählt wird.

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Das glaube ich nicht. Auf Seiten der Republikaner ist McCain eher untypisch, ist vielen von denen zu liberal. Er hat sich ganz klar gegen Folter ausgesprochen, will pragmatische Lösungen im Hinblick auf illegale Einwanderer, und soweit ich weiß, hält er sich öffentlich auch mit religiösen Statements zurück. Er befürwortete den Irak-Krieg, will mehr Truppen dorthin schicken. Er lehnt Abtreibung ab, ist aber gegen ein absolutes Abtreibungsverbot. Er stellt sich gegen die Forderung der Rechten, die Homosexuellenehe gesetzlich zu verbieten. Da bleibt abzuwarten, welche Zugeständnisse er an die religiös-konservativen Parteianhänger machen muss.

Wenn Hillary Clinton die Präsidentschaftskandidatin wird, kann man wohl davon ausgehen, dass da irgendwelche Akten plötzlich wieder auftauchen, Whitewater oder was auch immer. Und sie polarisiert mehr, die Leute lieben oder hassen sie, heißt es.

Von der Kür Barack Obamas ginge ein anderes Signal aus, das ist jedenfalls mein Eindruck. Change! Und zwar nicht nur in den USA, das vielleicht in dieser schwierigen Situation einen Charismatiker, der Optimismus verbreitet, braucht. Auch im Rest der Welt bliebe das nicht ohne Wirkung - man denke an all die Probleme im Nahen und Mittleren Osten. Da trauen sicherlich nicht nur die Indonesier Obama aufgrund seiner Biografie mehr "interkulturelle Kompetenz" zu. Was aber nicht heißt, dass er überall zu kuscheln anfangen wird - schließlich lehnt er nicht alle Kriege ab, nur dumme, so wie den im Irak.

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Ich sehe das
eher wie Kollege Kristof. Was Kandidaten blubbern ist eins, was sie dann machen (können), was anderes. Ich hab mich im Detail nicht damit beschäftigt, aber dass Obama eine schnelle Exit-Strategie für den Irak vorgelegt hätte, hab ich wohl anscheinend verpasst.

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Dass er übermorgen die Truppen abziehen würde, hat er meines Wissen auch nicht gesagt, sondern sich lediglich für einen phasenweisen Abzug der US-Truppen aus dem Irak ausgesprochen. Von heute auf morgen kommen die auch nicht aus dem Schlamassel heraus.

Obama hat zudem einige Jahre für eine auf Bürgerrechte spezialisierte Kanzlei gearbeitet - daher erwarte ich mir auch im Hinblick auf Guantanamo etwas.

Nachtrag: In seinem Beitrag für die Zeitschrift Foreign Affairs (Juli/August 2007) nennt er ein Datum: 31. März 2008 - mit der Option, die Truppenverlegung vorübergehend auszusetzen, "if the Iraqi government meets the security, political, and economic benchmarks to which it has committed".

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Vielleicht plädiert er ja auch nur
für einen Truppenabzug aus dem Irak, weil er die Jungs in Pakistan und Aghanistan braucht. "Change" geht anders...

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"I am not opposed to all wars. I'm opposed to dumb wars.”
Das hat Obama im Herbst 2002 auf einer Antikriegskundgebung in Chicago gesagt. Da wäre es wohl etwas naiv, ihn für einen absoluten Pazifisten zu halten.

Dass er als Präsident dann Teile der Truppen nach Afghanistan verlegen würde, hat er doch auch in dem oben verlinkten Artikel Renewing American Leadership geschrieben, das ist also nichts Neues:

"We must refocus our efforts on Afghanistan and Pakistan -- the central front in our war against al Qaeda -- so that we are confronting terrorists where their roots run deepest. Success in Afghanistan is still possible, but only if we act quickly, judiciously, and decisively. We should pursue an integrated strategy that reinforces our troops in Afghanistan and works to remove the limitations placed by some NATO allies on their forces. Our strategy must also include sustained diplomacy to isolate the Taliban and more effective development programs that target aid to areas where the Taliban are making inroads.

I will join with our allies in insisting -- not simply requesting -- that Pakistan crack down on the Taliban, pursue Osama bin Laden and his lieutenants, and end its relationship with all terrorist groups. At the same time, I will encourage dialogue between Pakistan and India to work toward resolving their dispute over Kashmir and between Afghanistan and Pakistan to resolve their historic differences and develop the Pashtun border region. If Pakistan can look toward the east with greater confidence, it will be less likely to believe that its interests are best advanced through cooperation with the Taliban."

Er sagt in diesem Artikel auch ganz klar, dass er mehr die Streitkärfte personell verstärken will:

"To renew American leadership in the world, we must immediately begin working to revitalize our military. A strong military is, more than anything, necessary to sustain peace. Unfortunately, the U.S. Army and the Marine Corps, according to our military leaders, are facing a crisis. The Pentagon cannot certify a single army unit within the United States as fully ready to respond in the event of a new crisis or emergency beyond Iraq; 88 percent of the National Guard is not ready to deploy overseas. (...)
We should expand our ground forces by adding 65,000 soldiers to the army and 27,000 marines. Bolstering these forces is about more than meeting quotas. We must recruit the very best and invest in their capacity to succeed. That means providing our servicemen and servicewomen with first-rate equipment, armor, incentives, and training -- including in foreign languages and other critical skills."

Klingt jetzt nicht unbedingt nach einer drastischen Kürzung des Militärhaushaltes - eventuell schichtet er um -, aber das geht wahrscheinlich auch gar nicht, wenn man wie er die diplomatische und moralische Führungsrolle der USA in der Welt erneuern will.

"Change" geht anders ... - das hängt wohl davon ab, was man darunter versteht. Offenkundig haben Sie davon auch ganz bestimmte Vorstellungen. "We want change in this country", lautet der Wahlkampfslogan - The Real News sind der Frage einmal nachgegangen: What does Barack Obama's "change" mean? Gibt's bei YouTube zu gucken.

Über dieses The Real Network News weiß ich bislang noch nicht viel, der kanadische Journalist Paul Jay steht ihm vor, es erhebt den Anspruch unabhängig zu sein und ist werbefrei und nutzerfinanziert.

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So detailliert
habe ich meine Vorstellungen von change gar nicht ausgearbeitet. Auf die Beratung des Herrn Mark aus dem alten Europa haben die Thinktanks und Wahlkampfstrategen des Herrn O. auch sicher nicht gewartet.

Nun bemühen sich die amerikanischen Präsidentschatfskandidaten und die beiden Parteien ja immer, es wie einen Richtungswahlkampf aussehen zu lassen. Da ist aber, wenn man sich die "Realpolitik" (vor allem außenpolitisch) dann mal anguckt, viel Etikettenschwindel dabei. Ich erwarte mir von demokratischer Regierungspolitik eigentlich kaum mehr als dass die Schweinereien wenigstens ein bisschen netter verpackt werden. Aber ich würde nicht auf ein Ende der Schweinereien wetten.

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Es erwartet hier doch auch niemand einen ausgearbeiteten Masterplan von Ihnen. Echter Change wäre aber demnach für Sie, dass beispielsweise die Schweinereien aufhören. Nun glaube auch ich nicht, dass sämtliche Sauereien enden, aber Obama traue ich es noch am ehesten zu, dass er wenigstens einige beendet (und McCain traue ich es auch zu, dass das Folterverbot wieder durchgesetzt wird).

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Wünschenswert wäre es sicherlich,
einige der Umgeister aus der Bush-Ära zurück in die Flasche zu stopfen. Allzuviel Hoffnung, dass das seinem Nachfolger auf breiter Front gelingt, habe ich nicht.

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Einer dieser Ungeister ist das Söldnerwesen und solche Firmen wie Blackwater.

"Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit lagerte die Bush-Regierung viele der Funktionen, die seit jeher dem Militär vorbehalten waren, an Privatunternehmen aus. Diese wiederum sind gegenüber dem Steuerzahler, dem sie ihre Profite verdanken, nicht zur Rechenschaft verpflichtet", schreibt der US-Journalist Jeremy Scahill, dessen Buch Blackwater. Der Aufstieg der mächtigsten Privatarmee der Welt im Tagesspiegel kürzlich rezensiert wurde. Blackwater ist übrigens schon längst auch in den USA im Einsatz. Nach dem Hurrikan Katrina patrouillierten Blackwater-Söldner durch New Orleans.

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In irgendeinem Zukunftsroman
(weiß nicht mehr, ob das "Snowcrash" von Neal Stevenson war oder irgendwas aus der Feder von William Gibson) gab es keine Staaten mehr. In deren leere Hüllen waren privatwirtschaftliche und profitorientiere Franchises geschlüpft. Die US von A sind diesem Stadium näher als den meisten klar ist. Der vielerorts privatisierte Strafvollzug ist ein Symptom, das Söldnerwesen ein anderes, ebenfalls nicht zu zu unterschätzendes. Ich will jetzt nicht von schwarzen Hubschraubern und so Zeug anfangen, aber die Federal Reserve ist ja auch keine Staatsbank oder Behörde im eigentlichen Sinne, sondern ein Privatunternehmen.

Vor fünf bis zehn Jahren war das Söldnerwesen ein obskures Business, dessen erfolgreichste und größte Vertreter irgendwo in Südafrika saßen und deren Namen (Executive Outcomes - häää?) den meisten Leuten hierzulande gar nichts sagte. Dass neuerdings die größte Militärmacht der Welt immer mehr Drecksarbeit an diese Branche auslagert, ist eine Entwicklung, für die das Wort "bedenklich" die Untertreibung schlechthin ist.

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Blackwater betrieb Scahill zufolge vor dem Irakkrieg gerade 'mal eine Schießanlage und zählt heute zu den weltweit größten Sicherheitsdiensten. Kein Wunder, erhielt sie doch 2003 den Auftrag, Paul Bremer in Bagdad zu schützen, Vertragswert: 27,7 Millionen Dollar. In den folgenden vier Jahren kamen Aufträge im Wert von weiteren 470 Millionen Dollar dazu. Und das Personal hat zum Teil eine sehr dubiose Vergangenheit, es sind Ex-Angehörige der südafrikanischen und chilenischen Streitkräfte sowie zentralamerikanischer Todesschwadrone darunter.

Ich denke auch, dass die Gefahr besteht, dass die unkontrollierbar werden. Schon allein dafür hätte George W. Bush es verdient, nach seiner Amtszeit nach Bagdad verbannt zu werden - außerhalb der Grünen Zone.

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Diese Firmen sind in den USA doch schon seit Jahren tief in der Administration verankert. Auch dank ihrer offiziellen Dachorganisation, der International Peace Operations Association. Deren Homepage ist wirklich aufschlussreich.

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In dem Fall geht es auch darum, dass Blackwater in weniger als fünf Jahren so riesig wurde, nicht zuletzt dank der Nähe des Chefs Eric Prince zur Bush-Regierung (wie man das ja auch von einigen anderen Firmen bereits kennt). Familie Prince ist Scahill zufolge sehr religiös und zählt zu den treuen Spendern der Republikaner.

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Das Deutschlandradio brachte heute ebenfalls eine Rezension von Scahills Buch mitsamt einigen Hintergrundinfos (Printversion).

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The Pretty Presidents. Auszug aus dem Buch LOOKS: Why They Matter More Than You Ever Imagined des Soziologen Gordon L. Patzer. Wobei die Erkenntnis, dass gutaussehende Menschen mannigfaltige Vorteile erleben, so neu nicht ist - aber Patzer arbeitet schließlich seit 30 Jahren zu diesem Thema.

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