Samstag, 1. Februar 2014
Les amants réguliers
Puh, für die Filme des Regisseurs Philippe Garrel braucht man echt Geduld. Ich schaue mir gerade Les amants réguliers an, für den er 2005 in Venedig* mit dem Silbernen Löwen ausgezeichnet wurde. Auch Kameramann William Lubtchansky bekam eine Osella für seine hervorragende technischen Leistungen, außerdem gab es im selben Jahr noch einen Prix Louis Delluc für den schwarz-weiß Film, der in der Zeit der Pariser Studentenunruhen im Mai 1968 und danach spielt.

Der Film dauert knapp drei Stunden, zwei davon habe ich heute Abend geschafft - es fühlte sich an wie fünf. Endlose, statische Kameraeinstellungen der Kämpfe an den Barrikaden und minutenlange Aufnahmen von opiumrauchenden Typen zerdehnen die Zeit. Es sind aber vor allem die zerfaserten Dialoge, die den Film für mich mitunter zu einer Geduldsprobe machen. Am Drehbuch haben außer Philippe Garrel noch zwei andere Autoren mitgeschrieben, aber streckenweise beschleicht mich das Gefühl, die Dialoge wurden vor der Kamera improvisiert - zu Lasten des Spannungsbogens.**

Obwohl der Film auch phantastisch schöne Szenen aufweist, weiß ich nicht, ob ich mich dem Urteil von Film Comment so ohne Weiteres anschließen kann, das da lautet: "Mesmerizing .... epic ... sublimely beautiful ... An affectionate, dreamlike elegy to youthful idealism." Vielleicht müsste ich ihn dafür mehr als einmal anschauen. Jetzt muss ich aber erst einmal schlafen, ich kann gerade nicht mehr.

Was ich aber vorbehaltlos unterschreiben kann, ist das Urteil der Sunday Times über Louis Garrel: "a brooding, impossibly beautiful leading man". Er gewann für Les amants réguliers 2005 einen César als bester Nachwuchsdarsteller - und er ist auch der Grund, warum ich bei dem Film dranbleibe.

Ich hätte hier gern einen Trailer gezeigt, aber es gibt keinen offiziellen im Netz.



* Zur Erinnerung: Der Goldene Löwe ging damals an Ang Lee für Brokeback Mountain, George Clooneys Film Good Night and Good Luck gewann ebenfalls einige Preise. Den Juryvorsitz hatte Cheng Ah, der Jury gehörten unter anderem Edgar Reitz und die Sängerin Emiliana Torrini an.

** Dass die Geschichte zerfasert, wird gemeinhin auch an seinem jüngsten Film La jalousie kritisiert und zugleich bedauert, da auch dieser Film sehr starke Momente haben soll. Das Drehbuchdafür schrieben diesmal sogar vier Leute, vielleicht sollte sich Philippe Garrel zur Abwechslung einmal auf einen Co-Autor beschränken, dafür aber einen richtig guten suchen.

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Ich merk' schon, ich schaue wieder einmal Filme, die sonst keiner kennt, geschweige denn guckt. ;-)

In der Pressekonferenz in Venedig - die ist auf der DVD drauf - erzählte Philippe Garrel übrigens, dass er von allen Szenen nur ein oder zwei Takes drehte und alles Material für diesen Film verwendete. Erklärt vielleicht einiges.

Louis Garrel wirkte nervös wie immer in Interviews, bemühte sich aber genau wie sein Vater, selbst auf die merkwürdigsten Fragen etwas Sinnvolles zu antworten. Ein Häh? wäre da häufiger einmal durchaus angebracht gewesen. Und natürlich war auch einer dieser Wichtigtuer dabei, der ganz weit ausholt, ohne am Ende auch nur eine Frage zu stellen. Die stellten sich dafür im Stillen alle anderen: wtf? Ich auch.

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Ich merk' schon, ich schaue wieder einmal Filme, die sonst keiner kennt, geschweige denn guckt. ;-)

Mhja, und mögliche Begründungen liefern Sie in dem Beitrag ja schon mit. Mein Sitzfleisch ist schon bei massentauglicherer Flimmerware endlich, und ein Cineast ist an mir nicht verloren gegangen.

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Na ja, wie der Film ist, weiß man ja vorher nicht. Ich habe mir neulich auch Die andere Heimat - Chronik einer Sehnsucht von Edgar Reitz im Kino angeschaut, der dauert noch deutlich länger. ;-)

Der Film ist übrigens auch schwarz-weiß bis auf wenige kolorierte Details manchmal. Und er hatte ebenfalls in Venedig Premiere und wurde hinterher 20 Minuten lang beklatscht. Er lief aber außerhalb des Wettbewerbs.

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Stimmt schon, aber oft genug will ich es auch gar nicht wissen. Seit ich praktisch kein Fernsehen mehr gucke, kostet es mich noch mehr Überwindung, mich auf Filme einzulassen, und da hilft es schon, wenn ich in etwa weiß, was mich erwartet.

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Oh, zu Les amants réguliers findet man etliche begeisterte Kritiken, besonders aus den USA. Das Thema ist ja nicht schlecht, und was immer ein guter Grund ist, sich einen Film anzuschauen, ist Louis Garrel.

Lesen Sie eigentlich Romane?

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Begeisterte Kritiken sind nicht gerade ein Garant für gelungene Kinoabende. ;-)

Ja, ich lese Romane. Hat aber auch nachgelassen im Vergleich zu früher, als ich ständig was auf dem Nachttisch hatte und anschließend gleich das nächste Buch in Angriff nahm.

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Stimmt. Es gibt ein paar Kritiker, von denen weiß ich inzwischen, dass ich mich darauf verlassen kann, aber auch welche, deren Meinung in der Regel konträr zu meiner ist. Wenn denen etwas gefällt, verzichte ich darauf dankend.

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Viele Leute können sich eher auf einen Film einlassen als auf einen Roman. Interessant, dass es bei Ihnen umgekehrt ist. Das wollte ich vorhin noch schreiben, hatte es dann aber vergessen.

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