Samstag, 24. Dezember 2005
Zeit der Versuchung
In der Vorweihnachtszeit ist die Verlockung immer ganz besonders groß. Diesmal bin ich nur zweimal schwach geworden - für mich ist das eine erstaunliche Leistung. Nein, es ist hier nicht die Rede von Lebkuchen, Dominosteinen oder Bethmännchen. Auch bei den Keksen habe ich mich zurückgehalten. Schwach werde ich hingegen regelmäßig bei Schleifen. Ja, Schleifen. Ihr Anblick löst bei mir prompt Kaufreflexe aus, ich kann nichts dagegen tun.

Für drei Jahre lebte ich in einem Stadtteil, in dessen Supermarkt der Weg zur Kasse an dem Regal mit den Schleifen vorbeiführte. War das eine Pracht!
Die wunderbarsten Satinschleifen lagen dort, zwar nicht in sehr vielen, aber doch sehr schönen Farben. Die gelben hatten es mir damals ganz besonders angetan, bis ich irgendwann feststellte, dass ich sechs Meter davon besaß.
Nun braucht aber niemand wirklich sechs Meter butterblumengelbe Satinschleifen, auch eine Frau Arboretum nicht. Nur gut, dass ich gerne Geschenke mache, mit der Zeit brauchte ich die gelben Schleifen auch wieder auf, dies hier ist der Rest.

Dafür besitze ich inzwischen ungefähr 60 Meter blaues Kräuselband in verschiedenen Schattierungen. Unter anderem.



In dieser Kiste waren einmal mehrere Kilo Tee. Jetzt sind hier nur Schleifen drin, nichts als Schleifen.

Erwähnte ich schon, dass ich auch 25 Rollen Geschenkpapier besitze?
Das kaufe ich nämlich genauso gern wie Schleifen. Diesmal bin ich aber beim Papier standhaft geblieben, nur hierbei gab ich dem Verlangen nach.



Ich gehe jetzt 'mal noch ein paar Schleifen binden.

Fröhliche Weihnachten Ihnen allen!

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Freitag, 23. Dezember 2005
Sooner than you think

Hello, everyone, it’s nice to be here
I’ve come so far to see you all

- New Order: Sooner than you think -

Keine Ahnung, ob sie das Lied im Juli 2004 gespielt haben, als sie beim Traffic Festival in Turin auftraten. Das werde ich ja nachher hören, wenn der Deutschlandfunk von 21.05 Uhr an den Mitschnitt sendet.

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Mittwoch, 21. Dezember 2005
Äquinoktium*
Wie in jedem Herbst sehnte ich die längste Nacht herbei. Von nun an geht's aufwärts, dem Frühling entgegen.

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Sonntag, 4. Dezember 2005
Drei Gestalten aus Schnee
Schokoladenadventskalender, so las ich heute, soll es schon seit etwa 50 Jahren geben. Meinen ersten bekam ich aber erst mit acht oder neun Jahren, ich glaube, meine Großmutter oder deren Schwester hatte jedem von uns einen geschenkt. Von meinen Eltern bekamen wir wie immer Adventskalender, hinter deren Türen sich zwar keine Schokolade verbarg, die aber die viel schöneren Motive zeigten. Ich mochte diese Kalender sehr, manchmal waren sie sogar mit Glitter verziert, das liebte ich besonders. Die Schoko-Kalender hingegen waren in der Regel an Hässlichkeit kaum zu übertreffen. Keiner von denen blieb länger als Weihnachten stehen, während wir die anderen erst an Silvester wegräumten.

Mittlerweile ist es ziemlich schwierig geworden, Adventskalender aus Papier zu finden, die nicht das Auge beleidigen - sieht man einmal von den papiernenen Nachbauten der Frauenkirche oder Petersburger Kathedralen ab, die noch erheblich mehr kosten als jenes Luxusshampoo. Umso entzückter war ich, als ich neulich diesen Kalender entdeckte.



Besonders die Frisuren der zwei Gestalten im Schnee hatten es mir angetan, ich musste ihn auf der Stelle haben. Und in ein Haus mit Türmen, auf dessen Dachfirsten zwei Katzen und eine Eule thronen, würde ich auch einziehen.

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Montag, 14. November 2005
Kehrwieder
Hierher möchte ich irgendwann zurückkommen, an einem Sommerabend, wenn sich die Luft weich um die Schultern legt. Möchte zusehen, wie sich das Blau der Nacht herabsenkt und nach und nach die Lichter angehen, die sich im Wasser spiegeln. Und vielleicht wird er dann auch dort sein, und wir werden uns mit leiser Stimme Geschichten erzählen. Oder einfach nur still aufs Wasser schauen, während von Zeit zu Zeit die Spitze seiner Selbstgedrehten rot aufglüht.

Heute aber sind die Steine kühl und mein Rock aus Samt. Lass uns einen Tee trinken gehen, sagt er, und ich nicke und freu mich so vor mich hin, dass er mir diese Stelle gezeigt hat.

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Dienstag, 6. September 2005
Art is just a name
Kunst kann man auch kaufen, pflegt Herr Kid zu predigen, das sei rentabler als irgendwelche Rentenfonds. Auch die Spreepiratin bekennt sich zum Kunstkauf (nur finde ich leider den entsprechenden Link nicht mehr), und der Don tut's sowieso.

In der Zur Not kann man Kunst aber auch in der Artothek ausleihen. Das habe ich am Wochenende getan, da es bei mir bekanntlich nicht für die Altersvorsorge reicht. Für 26 Euro wird nun dieses großformatige Aquarell von Erich Kaatz den Winter über die Küche verschönern.



Erich Kaatz: Fischerdorf am Felsen, undatiert (und schlecht fotografiert. Das Original leuchtet dagegen geradezu. Ab sofort erhebe ich übrigens schiefe Fotos zur Kunstform.)

Kaatz war ein Schüler Curt Lahs', von dem vor drei Jahren einige Arbeiten in Berlin zu sehen waren. Von Kaatz ist nur wenig bekannt, anscheinend nur noch so wenig, dass dieses Bild von einem Antiquitätenhändler auf die Zeit um 1920 datiert wird. Demnach hätte er es als Elfjähriger gemalt, wurde er doch 1909 im damaligen Hoppendorf bei Danzig geboren. Er studierte erst in München, dann in Berlin, wo er bis 1940 als freier Maler lebte. Aus dieser Zeit sind keine Bilder erhalten geblieben, denn vier Jahre später wurde sein Atelier bei einem Luftangriff zerstört. Von 1949 an arbeitete er als Kunsterzieher*, stellte aber auch noch regelmäßig aus. Seine Rente hat er vermutlich gar nicht mehr bekommen, er starb mit 62 Jahren.

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Dienstag, 30. August 2005
Mmmmm
Reife Pfirsiche schmecken so köstlich, man könnte sich glatt darin wälzen, wenn man bei der Hitze nicht sowieso schon etwas klebrig wäre.

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Samstag, 27. August 2005
Was wäre, wenn …
Die Materialien wählen mich aus, sie kommen zu mir, sind dann da, wenn ich sie brauche und wie ich sie brauche, es ist teilweise mein eigener Müll oder geschenkter Müll. Homeless müllness, Internetimpressionen. Die Parfumflaschen sammeln sich ja an über die Jahre, ich kann es selber nicht glauben, was ein Mensch so glaubt, an Lippenstiften zu brauchen!

- Anna Meyer -

So etwas Ähnliches hatte ich auch gedacht, als ich im Juni freiwillig für ein paar Tage offline ging und meinen Badezimmerschrank ausmistete. Eine riesige Tüte voller Parfums, Kajal- und Lippenstifte, Rouge und allerlei anderen Kram warf ich weg. Die Malerin Anna Meyer war mutiger als ich, sie baute Modelle daraus. Ginza heißt dieses, ich sah es vergangenen Dienstag in der Ausstellung Was wäre, wenn … in der Galerie für Zeitgenössische Kunst.

Vielleicht, dachte ich, kommt Kunst eben nicht nur von Können, sondern genauso sehr auch vom Mut, solche Dinge einfach zu tun. Was wäre, wenn …



Eines meiner Lieblingsparfums ist übrigens auch dabei, da rechts steht es. Und in meinem Badezimmerschrank.

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Dienstag, 12. Juli 2005
Wandelstern
Wie der Stern über uns heißt, frage ich meinen Vater, während wir aufs Feuerwerk warten. Das ist der Arktur im Bärenhüter. Und dort links siehst Du das Sommerdreieck: Atair, Wega in der Leier, Deneb im Schwan. Deneb ist der Schwanz, die beiden anderen Sterne sind die Schwingen, den Kopf kann man jetzt nicht sehen, es ist zu dunstig.

Und welcher Stern ist das da geradeaus? Ich kann ihn leider nicht erkennen, sagt mein Vater, aber es könnte Antares im Skorpion sein. Dessen Schwanz ist auf unser Halbkugel so gut wie nie zu sehen. Antares, als Gegenspieler zum Kriegsgott Ares. Meist sieht man noch drei Sterne rechts von ihm, das sind die Scheren. Zwei von ihnen kann ich erkennen, sage ich, den dritten eher erahnen.

Wenn Du nach rechts schaust, siehst Du Spica in der Jungfrau, und natürlich Jupiter. Wie weit er inzwischen gewandert ist, der Wandelstern, sagt mein Vater eine halbe Stunde später, nach dem Feuerwerk.
Wandelstern, denke ich, was für ein hübsches Wort.

Ich finde, jeder sollte einen Vater haben, der einem die Sterne erklären kann.

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Samstag, 9. Juli 2005
Liebe usw.
Weißt Du, sagt sie zu mir, das Wichtige ist nicht, ob man geliebt wird. Sondern, ob man selbst lieben kann. Natürlich wünscht man sich als Kind, geliebt zu werden, doch es kommt viel mehr darauf an, ob man später selbst dazu fähig ist.
Als damals unser Sohn vor der Geburt starb, war es das erste Mal, dass ich überhaupt merkte, dass ich ein Herz habe. Dass da etwas ist, so eine Wärme ist. All die Jahre habe ich überhaupt keine Gefühle gespürt. Das ist mir jetzt erst klar geworden. Sie schüttelt leicht den Kopf. Dann sagt sie es noch einmal: Dabei ist es doch die eigene Liebesfähigkeit, worauf es wirklich ankommt.

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