Mittwoch, 13. Dezember 2006
This charming man

Does the body rule the mind
Or does the mind rule the body?

- The Smiths: Still ill -

Viele von denen, die hier herumstehen, haben diese Songs allenfalls in der Wiege gehört, wenn überhaupt. Teilweise sehen sie sogar so aus, als hätte sie es noch gar nicht gegeben, als die Band auseinander ging. Es ist halb acht Uhr und noch ziemlich leer. Neben uns postieren sich zwei kahl rasierte Jungs im Bronski-Beat-Schick und L*nsdale-Jacken. Das Publikum ist sehr gemischt, Morrissey-T-shirts sind aber bei Jungs aller Altersklassen beliebt, zum Glück sind die meisten Kerle um uns herum nicht so groß.

Ein Schlagzeuger und eine Sängerin am Keyboard tauchen auf der Bühne auf. Keine Ahnung, wie die Vorgruppe heißt, ihr Name ist Chris Kris und sie fühlt nichts, soviel lässt sie uns später zumindest immer wieder einmal wissen, den Namen des Typen habe ich schon wieder vergessen. Als also jene Kris die ersten Töne von sich gibt, gibt es im ersten Moment verdutzte Gesichter, dann Gegrinse. Sie erreicht Höhen, bei denen mir meine Stimme kläglich versagen schwindelig würde. Welche Platten sie früher gehört hat, ist auch unschwer zu erraten. Leider liegt unter ihrer Stimme bei jedem Song mehr oder weniger der gleiche Klangteppich, und sie schraubt sich vorhersehbar hoch, so dass es doch ziemlich lange 45 Minuten werden. Gut, dass die schon um viertel vor acht begonnen haben.

Danach gibt es ein musikalisches Potpourri auf dem überdimensionierten Laken vor der Bühne zu begucken. Musikladen, Grand Prix und allerlei Zeugs aus einer Zeit, da hat es auch mich noch nicht gegeben. Die T-shirt-Jungs versuchen ihren Helden mit Morrissey, Morrissey herbeizusingen, es hilft aber nichts. Erst der türkische Tabak macht der Warterei ein Ende. Panic in the streets of London …

Das Alter steht ihm. Gut sieht er aus und ist ebenso aufgelegt. Die hellblaue Krawatte über dem schwarzen Hemd verschwindet bald. Er flirtet mit den Fans, denen er zwar nicht das letzte Hemd, aber immerhin drei zuwirft, nachdem er sie sich vom Leib gerissen hat. Knöpfe und Fans springen durch die Gegend. Einer der L*nsdale-Jungs kaut seinen Kaugummi permanent im Takt. Auch eine Leistung.

Vorne wabert gerade ein bisschen Trockennebel, Pasolinis Konterfei weicht zwischendurch auch einmal einem psychedelischen Muster. Insgesamt könnte der Sound noch ein bisschen besser sein, Morrisseys Stimme klingt aber gut, es wird auch ordentlich auf die Pauke gehauen und gibt auch ziemlich was auf den Gong. Da freut sich der Solar Plexus. Doch nach gut 90 Minuten ist auch schon wieder Schluss, er lässt sich auch nur zu zwei Zugaben bewegen, immerhin mit einer rührenden Textänderung bei Please, please, please, let me get what I want.

Tonight the mind ruled the body. Meine Seele brauchte einfach einmal Ausgang. Gesundheitlich wäre es wahrscheinlich besser gewesen, daheim zu bleiben.
But as he said: This evening the motto is: Why worry?

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