Dienstag, 7. Februar 2006
Der Jagdverein
Vom großen Glück, dass Pjöngjang nicht New York ist, schrieb der Journalist Alexander Osang einmal. Und er schilderte, wie die Staatssicherheit im Frühjahr 1989 versuchte, ihn als Inoffiziellen Mitarbeiter anzuwerben.

"Manchmal sitzt einem die Versuchung schon auf dem Schoß, und man erkennt sie trotzdem nicht. Weil sie so harmlos aussieht, so unansehnlich, überhaupt nicht verführerisch eben. Sie sitzt da, grinst einen unterwürfig an und tut einem fast leid, so blass wie sie ist."

Es war nur Pjöngjang, und nicht New York, was sich ihm bot. Dennoch fiel es ihm schwer, aus seinem eigentlichen Nein das entschiedene Nein zu machen, ohne das sie einen nie in Ruhe ließen, sondern es immer wieder versuchten. Nach Pjöngjang zu den Weltfestspielen flog er trotzdem, und nach New York kam er später auch.

Ich weiß nicht, wie ich reagiert hätte. Ich bin nicht in jenem anderen Deutschland zur Welt gekommen, mir setzte sich keine blasse Versuchung auf den Schoß. Vielleicht hätte die Aussicht genügt, doch zur EOS zugelassen zu werden, was mir wahrscheinlich schon aufgrund meiner Herkunft verwehrt geblieben wäre. Vielleicht hätten sie es auch mit Drohungen versucht, man wird leicht erpressbar, und findig waren sie ja. Hätte ich dann den Mut gehabt, es abzulehnen? Hätte ich die Dekonspiration gewagt?

Wie gesagt, ich weiß es nicht, ich kann es nur hoffen. Ich weiß aber, dass die Mehrheit der angesprochenen DDR-Bürger Zivilcourage bewies und ihre Stasi-Werber abblitzen ließ. Sie nahmen berufliche und persönliche Nachteile in Kauf. Manch einer gefährdete seine Existenz, mancher sogar sein Leben. Als es darauf ankam, sagten sie nein. Und das wird bei all den Diskussionen nur allzu leicht vergessen.

Manch einer bringt heute ja sogar schon die Sache mit dem Jagdverein durcheinander.*

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Nur eine Minderheit gab die an sie adressierten Briefe freiwillig an die Firma weiter. Darum bauten ihre hauptamtlichen Mitarbeiter raffinierte Apparate um Briefe automatisch mit Wasserdampf zu öffnen und hinterher wieder zuzukleben.* Dumm nur, dass dabei manchmal die Umschläge kaputt gingen. Aber auch die ließen sich im Zweifelsfall fälschen.



* Leider habe ich davon kein brauchbares Foto. Solch ein Automat steht in Leipzig im Museum in der "Runden Ecke", wo ich all diese Fotos gemacht habe.

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Fehlersuchbild


Auflösung im nächsten Heft. ;-)

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In diesem Büro, das sich einst zwei Hauptmänner des MfS teilten, kann man übrigens die DDR noch riechen.

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Oh, Horch und Guck. Da war ich auch mal, vor ungefähr tausend Jahren.
Beeindruckend und ziemlich beklemmend.

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Und manchmal sogar unfreiwillig komisch, so wie dieser stümperhaft gefälschte Stempel da oben.

Ich geh' da immer 'mal wieder hin. Einmal war ich auch in einem der Räume, wo die zerrissenen Akten in großen Müllsäcken lagern und darauf warten, dass die Frauen, die dort arbeiten, sie mühsam wieder per Hand zusammenpuzzeln. Manchmal gerät dann einer ins Stolpern, fällt aber doch nicht.

Nachtrag: Am Ende wurde er mit einem goldenen Handschlag verabschiedet.

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Ich hab mir das
Stasi-Museum vorigen Sommer auch angeguckt. Sehr beklemmend irgendwie, mehr als einmal kam mir unwillkürlich der Begriff der Banalität des Bösen in den Sinn.

Eine zusätzliche Pointe war für mich die Feststellung, dass draußen am Gebäude und auf der Ringstraße Schilder darauf hinwiesen, dass dieser Bereich videoüberwacht wird.

Tja, das haben sich die Montagsdemonstranten sicher anders vorgestellt.

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Mich hat das auch sehr befremdet. Dann habe ich mir überlegt, dass es vielleicht die alten Hausherren abschrecken soll, des Nachts wiederzukommen, um noch irgendwelche Spuren zu beseitigen.

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* Hagen Boßdorf freut sich nun, "dass ich mein Wissen und meine Erfahrung nun in einem neuen beruflichen Umfeld einbringen kann" - und ich freue mich, dass die ARD-Sender den endlich losgeworden sind.

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Kicher. "Und der Papst ist evangelisch." Der Evangelische Pressedienst enthüllt, wie das gelaufen ist.

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