Montag, 20. November 2006
Satz mit X
Dass ein neuer Rechner fällig ist, war angesichts des bösen Karmas eigentlich keine Überraschung mehr. Ich schickte mich ins Unvermeidliche und bestellte vergangenen Montag online bei Brand X in Düsseldorf, denn ich kenne jemanden, der da gute Erfahrungen gemacht hatte. Seltsam nur, dass zeitgleich mit der Auftragsbestätigung auch eine "Mail delivery failed"-Meldung in meinem Postfach eintrudelte. Die Hotline ist telefonisch nicht zu erreichen, kein Anschluss unter dieser Nummer. Dasselbe unter der Telefonnummer, die dann noch die Auskunft wusste. Auf Mails reagieren die auch nicht. Sieht aus, als hätte da jemand wirtschaftliche Schwierigkeiten ... Anscheinend ist auch niemand mehr da, der die Website vom Netz nimmt.

Da werde ich wohl heute Abend der Form halber besser einmal eine Widerrufserklärung schreiben. Und mich darüber freuen, dass ich gerade noch einmal Glück gehabt habe.

... link ... 12-faches Echo   ... comment


Donnerstag, 16. November 2006
Samt und Seide
Eigentlich hatte ich nur ein paar Geschenke für meinen Vater kaufen wollen. Aber dummerweise kam ich an der Stoffabteilung vorbei. Nur ’mal gucken, dachte ich.
Stoffabteilung sind an sich für mich off-limits, denn neben einem Faible für Schleifen und Geschenkpapiere, hege ich eine ausgeprägte Leidenschaft für Stoffe - dabei kann ich gar nicht gescheit nähen. Dafür meine Mutter umso besser, deshalb muss sie meistens dafür herhalten, zumal wenn es schnell gehen muss oder kompliziert ist. (Erwähnte ich einmal, dass meine Großmutter väterlicherseits Damenschneiderin war? Ihre Tochter konnte folglich keinen Knopf annähen.)
Meine sündhaft teure Beute vom Ausflug mit dem Karo König im Juli liegt noch ungenäht bei ihr herum, neben einigen anderen Metern Stoff, die ich einfach haben musste. Darum erteilte mir meine Mutter kurzerhand ein Stoffkaufverbot, bis erst einmal all die anderen Röcke, Kleider und Hosen fertig seien.

Ich habe ihn sofort entdeckt und konnte einfach nicht widerstehen. Sie wird aufstöhnen, wenn sie hört, was ich getan habe. Aber sie wird mich verstehen.

... link ... 2-faches Echo   ... comment


Donnerstag, 16. November 2006
Was Waldheim sagte
Du aber hast noch immer nicht gelernt, daß das Geld ... daß es einfach nicht zählt. Es zählt dort nicht, wo die wesentlichen Dinge zählen. Geld braucht es immer, und wenn man sich nicht darum kümmert, gibt es auch immer welches. Wieviel und woher und wie lange, das ist völlig belanglos. So wie alles belanglos ist, was mit dem Geld zusammenhängt. Für Geld bekommt man nichts, das wichtig ist. Was man für Geld bekommt, ist vielleicht lebensnotwendig, aber nicht wichtig.

Die Dinge, für die es sich wirklich zu leben lohnt, kosten nie etwas.

- Antal Szerb: Reise im Mondlicht -

... link ... kein Echo   ... comment


Dienstag, 14. November 2006
Zeichen und wundern
Meine zwölfjährige japanische Freundin war bei ihrem Besuch bei mir ganz hingerissen von meinem Lüster und dem alten Küchenschrank. Nun eignen sich weder Lüster noch Küchenschränke so unbedingt als Mitbringsel, vor allem, wenn die beste Freundin die auch noch quer über die japanischen Inseln transportieren muss.

Ich habe daher vier kleine Teller für sie aufgegabelt, aber leider konnte die Händlerin das Porzellanzeichen nicht zuordnen. Ich habe es auch in keinem der Porzellanbücher, an die ich herankam, finden können. Es gab zwar geschwungene Ls, aber die Krönchen sahen anders aus.



Jetzt hoffe ich einmal auf die geballte Blogger-Kompetenz - weiß jemand, was das für ein Zeichen ist? Ich habe ihr versprochen, dass ich es herausfinde.

... link ... 6-faches Echo   ... comment


Dienstag, 14. November 2006
Keine Hausbesuche
Er war noch jung, allenfalls Mitte zwanzig, dennoch kam er nur mühsam die Treppen zur Arztpraxis hinauf. Bei jedem Schritt klirrten die Ketten seiner Fußfesseln. Ein Polizist ging vor ihm, einer hinter ihm. Kommt der direkt aus der Werkstatt oder tragen die im Knast immer knallblaue Overalls, fragte ich mich, als ich hinter ihm die Stufen hinaufging.
In der Praxis führten sie ihn gleich den Gang entlang nach hinten zu den anderen Sprechzimmern abseits vom Wartezimmer, damit ihn möglichst keiner sieht. Er kam dann auch gleich dran, sogar noch vor den Privatpatienten.

... link ... einfaches Echo   ... comment


Sonntag, 12. November 2006
Japanische Mundgefühle
Im Japanischen, erklärte mir die beste Freundin, wird nicht einfach nur nach süß, sauer, salzig oder bitter unterschieden wie bei uns, sondern nach dem Mundgefühl. Sie griff nach der Tüte mit dunkelgrünem Knusperkram, den uns meine japanischen Freunde mitgebracht hatten. Ich habe ’mal gehört, sie haben dafür über 400 Begriffe, fuhr sie fort, während sie die Tüte aufriss. Beherzt steckte sie sich ein paar der Algen-Chips in den Mund. Amüsiert beobachte ich sie, wie sie ihr Gesicht verzog. Schmeckt molchig?, fragte ich. Stumm nickte sie mit dem Kopf und schluckte tapfer herunter.

Wir haben hier noch solche Cracker mit irgendetwas rosafarbenen darauf, sagte ich und reichte ihr die nächste Tüte. Skeptisch betrachtete sie deren Inhalt. Hoffentlich ist das kein Meeresgetier, ich mag doch kein Meeresgetier, antwortete sie, öffnete die Tüte, langte hinein und biss in einen Cracker. Ihr Gesicht sprach Bände. Das schmeckt wohl auch wie Molch auf der Unterseite, stellte ich fest. Allerdings, sagte sie. Eindeutig fischig.

Magst Du ’mal die Sesamklumpen probieren? Ich bot ihr die dritte Tüte an. Von meinen Freunden hatten wir uns als Mitbringsel japanische Süßigkeiten gewünscht. Die Kinder, hatten wir geschrieben, wüssten schon, was gut sei. Sesamklumpen, hatte uns der Freund abends in der Kneipe erzählt, seien bei Kindern sehr beliebt.

Lass uns lieber die Teeküchlein versuchen, befand die beste Freundin und griff nach der aufwendigen Verpackung. Sieht ja sehr hübsch aus. Alle einzeln verpackt. Wir schauten uns die bunten Bildchen auf der Rückseite an. Das Grüne da ist wahrscheinlich Pistazie, meinte sie. Aber genau kann ich es Dir nicht sagen, die Wörter hier hatten wir im Japanisch-Kurs noch nicht. Wir kosteten von allen vier Sorten. Außen erinnernen die alle irgendwie an Biskuit, fand sie. Und innen fühlen sie sich an wie halbfertig gebackener Teig, ergänzte ich. Ansonsten schmecken die undefinierbar süß.

Mit Desserts und Süßem haben sie es in Japan anscheinend nicht so, schlussfolgerte sie. Optisch machen die irgendwie mehr her. Oh Mann, ich bin ja mal gespannt, wie das wird nächste Woche in Japan, sagte sie dann.
Ich grinste. Bestimmt wirst Du jede Menge neuer Mundgefühle erleben.

... link ... 9-faches Echo   ... comment