Mittwoch, 15. Juni 2005
Here's looking at you
Du hast mir oft in die Augen geschaut. Immer einen Moment zu lang.
Mehr als einmal fiel mir dann jener Abend wieder ein, an dem Du meintest: So ganz neutral und unschuldig scheint es mir manchmal nicht, wie Du es hinstellst.

Wenn Du mir so in die Augen schautest, blickte ich manchmal unverwandt zurück, nur um zu sehen, wer es von uns beiden länger erträgt. So entwickeln sich normalerweise die heftigsten Romanzen, hattest Du damals noch gesagt. Eigentlich ist das sogar so etwas wie eine Gesetzmäßigkeit. Und mit Herzklopfen entgegnete ich: Nimm's mir nicht übel, aber eben klingst Du eher so, als hättest Du genau davor Angst. Dass Dir das passieren könnte.
Warum sollte ich dir das übel nehmen? Das habe ich doch gemeint.
Und wenn es so wäre - wäre das so schlimm?
Ja, mein Gott, brach es aus Dir heraus. Ich will nichts, dass mich aus der Ruhe, aus dem Gleichgewicht bringt. Ich will keine Aufregung, keine Spannung. Ich will nach nichts mehr suchen müssen und auch nicht das Gefühl haben, irgendwo etwas finden zu können. - Ich kann es in einem Satz sagen: Ich bin müde.
Ich weiß, dass Du müde bist, ich weiß, antwortete ich leise. Da sollte es noch vier Jahre dauern, bis ich an demselben Punkt angelangt sein würde.

Einst hattest Du den Mut, Grenzen zu überwinden, aber diesmal wähltest Du das Gewohnte und bliebst, wo Du warst. Ich küsste andere, spürte nichts und sah Dir aus der Ferne zu, wie Du auch nicht glücklich warst.

Alle paar Wochen telefonierten wir, doch die heitere, vertraute Stimmung am Telefon wollte uns bei unseren seltenen Treffen nicht gelingen. Immer noch sahst Du mir einen Moment zu lang in die Augen, immer häufiger senkte ich den Blick, damit Du nicht bemerktest, wie sich deren Farbe verändert. Meistens musstest Du dann plötzlich weg, und ich blieb ratlos zurück.

Zwei Jahre lang habe ich die Stadt gemieden. Die Stadt, die mir von Anfang an vertraut war. Deine Stadt. Nun war ich wieder da und spürte, wie sehr ich sie vermisst hatte.

Die Versuchung, Deine Nummer zu wählen, die so leicht zu merken und so schwer zu vergessen ist, war groß. Ich habe Dich nicht angerufen. Denn vielleicht hättest Du mir wieder einen Moment zu lang in die Augen geschaut.

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Die Versuchung und das scheiss Gedächtnis, dass sich alle scheiss Telefonnummern merkt...

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Beneidenswert, den fruchtlosen Versuchungen aus dem Weg gehen zu können.

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Man muss ihnen nur oft genug erlegen sein.

Die Versuchung und das scheiss Gedächtnis, dass sich alle scheiss Telefonnummern merkt...

... und Geburtstage und komplette Dialoge und und und.

Yep. But we'll never have Paris.

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ich werds nie verstehen. immer die "ich kann grad nicht", "ich hab angst", "ich steck grade inner schwierigen phase", "ich bin so müde". will den diskurs nicht banalisieren, aber das sind doch nur ausreden für unsicherheit. und unsicherheit heisst nein und man will doch ein ja!

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Es ist nicht das "Nein", was ich daran schwierig fand, sondern die Ambivalenz. Die Kunst, die emotionale Notbremse zu ziehen, will halt vollständig beherrscht sein.

ich steck grade inner schwierigen phase ist meines Erachtens kein Zeichen von Unsicherheit, sondern ein eindeutiger Korb.

Nachtrag: Müdigkeit hat ebenfalls nichts mit Unsicherheit zu tun.

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da hammse recht. finger weg von den unsicheren ist ja ein rat den ich mir auch gerne selber geb. die notbremse hat irgendein frechdachs bei mir ausgebaut. ich schmeiss die karre den abgrund runter und hoffe, dass ich mit dem leben davonkomme;)

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wie singt bowie: "always crashing in the same car"...

und noch viel schöner, siehe oben; "und sah Dir aus der Ferne zu, wie Du auch nicht glücklich warst."

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Ehrlich gesagt, habe ich den Griff für diese Notbremse auch immer noch nicht gefunden. Deshalb ging's schon öfter mit Karacho gegen die Wand.
Aber zum Glück habe ich ja neun Leben.

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Müdigkeit ist doch ein geläufiges Synonym für die Langfassung ich finde dich schon verdammt unsexy.

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ich hatte mal einen narkoleptischen freund und habe das auch immer sehr persönlich genommen.

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Nein, Frau Modeste, in dem Fall war's die seelische Müdigkeit. Ich will nichts, dass mich aus der Ruhe, aus dem Gleichgewicht bringt. Ich will keine Aufregung, keine Spannung. Ich will nach nichts mehr suchen müssen und auch nicht das Gefühl haben, irgendwo etwas finden zu können. Diese Beschreibung trifft's schon genau.

Die Müdigkeit, die Sie meinen, ist die Nachfolgerin der Migräne, glaube ich.

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