Dienstag, 7. April 2020
Überraschender Anruf

Aufnahme vom 3. April.

Heute Nachmittag hat mich Cornelius das erste Mal angerufen, ich habe mich so gefreut. Die litauischen und philippinischen Pflegekräfte sind zum Glück noch alle da. Aber dass ihn niemand besuchen darf und auch seine ältere Schwester und betagte Mutter nicht einmal an Ostern zu ihm kommen können, ist schon öde. Er höre Radio und lese, wann immer möglich, erzählte er. Leider funktioniere das Pusteding zum Seitenumblättern nicht zuverlässig, die Technik sei nicht ganz ausgereift. Darum sehe er jetzt halt viel fern. Und er übe gerade, mit Hilfe von Spracherkennung Mails zu schreiben. Wir plauderten eine ganze Weile. Als wir uns verabschiedeten, dankte er mir für die Karten. Ich schreibe weiter, sagte ich. Mein einziger Hamsterkauf waren Briefmarken.

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Schön!!!

Kann mir vorstellen, daß gerade für solche Menschen die Abschottung extrem sein muß. die sind sowieso so sehr und viel mit sich.

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Ja. Er sagte auch, Ostern werde öde. Alle anderen Mitbewohner haben ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten, von denen ist keiner mehr ansprechbar.

Echt blöd ist halt auch, dass dieses Pusteding für das Lesepult nicht richtig funktioniert. Das hatte er mir damals bei meinem letzten Besuch stolz gezeigt und sich gefreut. Er liest nämlich schon immer gern und viel und ärgerte sich, dass er nicht in die sehr nahegelegene Bücherei kommt. Ich hatte ihm neulich ein Interview geschickt, das hat ihm eine philippinische Pflegerin vorgelesen. Wenn sie ein Wort nicht kannte, habe sie ihn gefragt, erzählte er mir, so hatten wir beide etwas davon.

Inzwischen ist es wohl auch so, dass die Pflegekräfte ihm das Festnetztelefon bringen, wenn man dort anruft. Das war früher nicht so. Ich hatte vorher ja immer erst angerufen, um mich zu erkundigen, ob es passt, wenn ich ihn besuche.

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Gibt es eine Möglichkeit, daß er an Hörbücher rankommt?

Bei uns hat die städt. Bücherei nun die Digitalsachen (Hörbücher inkl.) auch für nicht reg. Nutzer geöffnet. Ich kann da ja auch so ran (hab noch im Feb. frisch gezahlt...), aber dann müßte ich auch in der Freizeit an den digit. Dingen dranhängen und das suche ich grad zu meiden.

In NÖ gibt es einen Märchenvorlesedienst - aber ich glaub, der geht nur für die NÖler *seufz* Hätte das auch gerne (aber bei mir laufen grad ??? - also auch sehr fein *gg* und in der Nacht ein Hörbuch, das ich vor 2 Jahren gekauft habe. Ich schlafe grad beim gleichen Track nach weniger als 3 Minuten weg - also ideal *g*).

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Das weiß ich nicht, er wohnt in einer anderen Stadt, und ich weiß nicht, welche Online-Möglichkeiten die Bibliothek in seiner Nähe bietet. Ohnehin ginge es nicht ohne die Hilfe der Pflegekräfte, er kann ja keinen Finger mehr rühren.

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Ich weiß - ich dachte nur, er wäre dann ein bisserl unabhängiger, so es doch diese Möglichkeit gäbe.

Heute beim Mamazwerg sehr froh darüber gwesen, daß ich doch wieder den MP3 Player zurückgebracht habe (weiß noch immer nicht, warum ich den heim nahm. Ich denke, das war wohl ein Reflex, alles Liebe um sich zu haben). Hab mit ganz leiser Einstellung, viele Geräusche ausgeblendet und endlich mal ausruhen können.
Muß nun mal sehen, ob ich auf den neuen (noch immer nicht ausprobiert) Hörbücher draufkrieg. DAS wäre nämlich super.

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Mmmh, mmh, mh, so ein "Pusteding" wird sich nachkaufen lassen - keine Ahnung, wie teuer, aber nachkaufen lassen wird es sich bestimmt.
Der Mann mit vergleichbar hoher Querschnittlähmung, den ich kenne, hatte "einfach" einen Stab mit Mundstück und Gummistück am anderen Ende. Das Buch stand in einer Stütze schräg vor ihm und er hat die Seiten mit dem Gummistück von rechts nach links geschoben. Dieses Werkzeug funktioniert ganz ohne Elektronik, ist demnach nicht so störungsanfällig.

Es gibt eine ganze Reihe Hilfsmittel, viele von ihnen sind recht teuer.

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Klar, lässt sich das nachkaufen - ist halt alles eine Geldfrage. Wenn überhaupt, wird er nur eine sehr kleine Rente erhalten. Seine ältere Schwester, die die Vollmachten hat, wohnt zudem in einem anderen Bundesland. Sie muss auch noch sehen, dass die Pflege und der Papierkram der hochbetagten Mutter klappt, die wiederum in der Nähe von Stuttgart wohnt. Ist also alles nicht so einfach.

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@ sid: Ich habe ihn gestern am Telefon gefragt, er hat ein paar Hörbücher. Ob er auch welche leihen kann, weiß ich nicht, die Verbindung war nicht so gut, das Telefon lag vermutlich zu weit weg und von einem Patienten im Nebenzimmer piepste dauernd laut das Oximeter dazwischen.

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Menschen mit Behinderung bekommen nicht nur Rente gezahlt.
Nach meinem letzten Kommentar musste ich an nicht wenige selbstgebastelte Hilfsmittel ehemaliger Klienten denken. Mit ein bisschen Kreativ ließe sich eine "Umblätterwerkhilfe" bestimmt selber basteln.

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Sicherlich - nur wer soll da basteln? In der Pflege-Wohngruppe leben außer Cornelius noch vier oder fünf Menschen mit schwersten Schädel-Hirn-Traumata, von denen ist keiner mehr ansprechbar. Die litauischen und philippinischen Pflegekräfte hatten auch schon vor Corona keine Zeit, mit ihm mal rauszufahren. Die haben ebenfalls keine Zeit zu basteln. Seine ältere Schwester musste aus gesundheitlichen Gründen schon vor einigen Jahren in Frührente gehen, hat eine eigene Familie und dürfte selbst schon längst am Limit sein. Ich glaube nicht, dass die die Kraft zum Basteln hat.

Ich kann mich vor Schmerzen momentan kaum rühren, habe es daher seit drei Wochen nicht geschafft, meine Wohnung zu putzen, geschweige denn kreativ zu sein und Geld zu verdienen und kümmere mich mit meiner jüngeren Schwester Rosarium um meinen betagten und schwachen Vater, während meine ältere Schwester Amaryllis 24/7 bei unserer Mutter bleibt.
Ich habe derzeit also auch weder Zeit noch Kraft, irgendetwas zu basteln. Ich schaffe es mit Ach und Krach ihm Karten zu schreiben. Und um das auch mal klarzustellen - Cornelius und ich kennen uns zwar schon sehr lange, aber wir waren nie eng befreundet, sondern immer nur lose.

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Wo sitzen die Schmerzen?

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Das bespreche ich morgen mit dem Orthopädie-Prof. ;-)

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