Donnerstag, 11. November 2010
Die dreizehnte Rippe
Ich habe auf beiden Seiten eine Rippe zuviel, sagt Dima2 plötzlich, als ich mit der Hand langsam über seinen Brustkorb streiche. Es ist August 1990. Wir liegen auf seinem Bett. Sascha, mit dem er im Sternenstädtchen arbeitet und das Zimmer im Wohnheim teilt, ist mit unseren anderen Freunden spazieren gegangen. Die Nacht wird Sascha woanders verbringen, hat mir Dima2 inzwischen gesagt.

Wie kommt es, dass Du eine Rippe zuviel hast, frage ich Dima2. Du weißt doch, ich stamme aus Krasnojarsk, antwortet er und zeichnet mit seinem Finger meine Lippen nach. Soll das heißen, alle Sibirier haben ein Paar Rippen mehr, entgegne ich scherzhaft. Er lacht leise. Nein, aber Krasnojarsk-26 ist nicht weit weg. Hast Du schon einmal davon gehört?

Ich schüttele den Kopf. Nur von Tscheljabinsk-65*, sage ich. Ist sowas Ähnliches, sagt Dima2, bevor er mich an sich zieht und wieder küsst.

* Heute heißt es Majak.

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"Nach einer Stunde Autofahrt in Richtung der Millionenstadt Krasnojarsk treffe ich im kleinen Büro des Bürgerzentrum für die Nichtverbreitung von atomaren Stoffen Wladimir Michejew. Der Mann mit dem schwarzen Kosakenbärtchen gehört zu den Gründern der Anti-Atom-Bewegung des Gebietes. Als er Anfang der neunziger Jahre zusammen mit anderen die ersten Messungen auf dem Jenissej vornahm, war er schockiert. 'Wir haben manchmal 3.000 Mikroröntgen pro Stunde gemessen - eigentlich verheerend für Krasnojarsk. Die Menschen wussten nicht, dass zu diesem Zeitpunkt im geheimen Atomzentrum vor ihrer Stadt drei Atommeiler arbeiteten.' Im Laufe der Untersuchungen stellte sich heraus, dass der Jenissej noch 500 Kilometer flussabwärts atomar belastet ist."

Aus: "Der Strom fließt und strahlt" über Krasnojarsk-26 in Sibirien, ein Artikel von Ulrich Heyden, veröffentlicht in der Freitag am 11. Oktober 2002.

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Damals wollte Kransojarsk-26 sich als Atommülldeponie empfehlen, mittlerweile plant die russische Atomenergiebehörde Rosatom das im großen Stil für Majak/Tscheljabinsk. Die Regierung und Rosatom hat dafür eigens ein Gesetz zum Umgang mit Atommüll vorbereitet, das es erlaubt, Atommüll einfach unter die Erde zu kippen. Wie praktisch.

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Kleine, wichtige Erinnerungsfetzen.
Die bleiben
(ich mag diesen Eintrag)

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Es war doch eine etwas unverhoffte Begegnung mit den Folgen der sowjetischen Atompolitik. Ich fragte ihn damals, ob dort etwa einmal etwas passiert sei. Er sagte, er wisse es nicht. Er wisse nur, dass er ein Paar Rippen mehr habe als normal. Seine Eltern waren beide Physiker oder Ingenieure ...

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Über Majak aka Tscheljabinsk-65 veröffentlichte der "Tagesspiegel" am Freitag eine Reportage von Oliver Bilger:

Leben mit dem Erbe der Kernwaffen

In der Majak-Fabrik ereignete sich der erste schwere Unfall in der Geschichte der Kernenergienutzung. Die Einwohner der Region kämpfen bis heute mit den Folgen

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was für eine schöne geschichte, gleichzeitig klein und groß, privat und politisch.

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Danke. Es freut mich sehr, dass und wie Sie das gesagt haben.

Es gibt also tatsächlich noch ein paar Leute, die trotzdem immer wieder hier lesen.

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nicht dafür!

aber selbstverständlich, wo denken sie hin! es wäre schön, wenn sie mehr schrieben, aber jedes blog hat ja einen eigenen rhythmus und eigene zeiten, das ist schon in ordnung.

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Ich bin auch anwesend. Dauernd.

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Sie sind alle sehr treue Seelen.

Die meiste Lust zu bloggen habe ich ja immer genau dann, wenn ich mir es zeitlich überhaupt nicht erlauben kann. Bei diesem Eintrag neulich war das auch der Fall.

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Sie haben ja auch immer noch so ein paar Beiträge auf Lager, die Sie an- und ausschalten können ;-)

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Das kommt daher, weil ich häufiger einmal Beiträge anfange, aber nicht gleich fertigschreibe und darum erst später freischalte. Damit die nicht völlig untergehen, setze ich dann mitunter spätere geschriebene Beiträge vorübergehend offline, um die endlich fertigen Posts auf die Startseite zu bekommen. Wenn sie nur in der Kommentarspalte erscheinen, werden sie zumindest von den unregelmäßigen Besuchern gern übersehen.

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Weiss ich doch. Ich wollte ja auch nur andeuten, dass ich das lustige Rumgespuke hier im Blog durchaus bemerke ;-)

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Sie sind eben auch eine treue Seele, die regelmäßig hier unter den Bäumen vorbeischaut. ;-)

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Beim Titel habe ich noch erwartet, es ginge um Adams Rippe, die ja selten so ganz unhumoristisch erscheint, doch dann --

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Meine Freundin Mascha erwähnte vor einigen Jahren einmal, dass er inzwischen verheiratet sei, mit der Frau, mit der er vor mir zusammen war. Ich weiß aber nicht, ob er Kinder hat.

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