Montag, 31. März 2008
Lenorfrau
Mein schlechtes Gewissen befiehlt mir, erst alle Briefe und E-Mails zu beantworten, bevor ich wieder blogge. Da das aber alles lange Briefe und E-Mails werden müssen, schließlich liegen die schon sehr, sehr lange unbeantwortet hier herum, zieht sich das hin. Außerdem gehe ich mir gerade etwas selbst auf die Nerven, weil alles nicht so flutscht, wie ich mir das wünsche. Keine Synchronizität, Mist.

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Lenorfrau? War das nicht "der General" ...

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Nein, der putzte zu Marschmusik. Wäre eigentlich nicht schlecht, wenn der 'mal käme, am Wochenende kommt schließlich Übernachtungsbesuch und der Kühlschrank hätte es auch 'mal wieder nötig. Habe heute schon Putzhandschuhe gekauft. Latexfrei und sauteuer. Wehe, die passen nicht, es gab die nur in Größe M, meistens sind da die Finger zu kurz.

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Nee, KlosterLenorfrau Melissengeist!
"Sie baden grade Ihre Hände drin."

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Tilly war doch die mit den eigenwilligen Maniküremethoden. Und Clementine wusch nicht nur sauber, sondern rein.

Weia, ich kenne die alle, dabei wuchs ich die ersten sechs Jahre völlig ohne Fernseher auf und durfte danach auch nur wenig gucken.

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Ja,
der Konsum war bei uns die ersten Jahre, als das Gerät im Haus war, auch streng limitiert für uns Kinder. Aber das damalige Reklamezeug (ja, anfangs auch noch Zigaretten) hat sich wie mit dem Lötkolben in die Hirne eingebrannt.

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Haha, das HB-Männchen. Bei uns stand der Fernseher im Schlafzimmer unserer Eltern und wir mussten vorher fragen, ob wir eine Sendung sehen durften. Meist hatten wir aber seine Existenz eh vergessen, wir hatten ein eigenes Spielzimmer und sehr viel Platz draußen.

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Fernseher im Schlafzimmer
war damals aber eher nicht die Regel, oder? Im Normalfall waren wir auch draußen am Rumstromern oder sonstwas am spielen. Aber es gab ein paar feste TV-Rituale - etwa Samtags "Daktari" im Anschluss an die "Drehscheibe" oder die diversen Tiersendungen am Sonntagmittag (oder die ach so klugen Sendungen mit Prof. Heinz Haber oder Hoimar von Dithfurth). Das aber auch nur dann, wenn nichts anderes anstand, Verwandtschaftsbesuche oder Spaziergänge im Naherholungsgebiet...

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Zum einen spielte meine Mutter abends häufig im Wohnzimmer Klavier, zum anderen spekulierten meine Eltern darauf, dass wir den Gedanken, fernsehen zu wollen, wieder vergessen hätten, bis wir in den ersten Stock gelaufen wären. Im Wohnzimmer hätten wir den Fernseher vielleicht eher gesehen und wären dann auf die Idee gekommen. Meine Eltern haben aber auch nicht viel ferngesehen. Mein Vater blieb mal nachts wach für "the rumble in the jungle". Da zog er extra Kopfhörer auf, saß dann aber so unruhig im Sessel, dass meine Mutter trotzdem nicht schlafen konnte. :)

Wir sahen die Augsburger Puppenkiste, Flipper und Daktari, Drehscheibe nur sehr selten. Zwei Sendungen hintereinander waren eher nicht angesagt, das gab es dann 'mal bei Freundinnen, bei denen lief der Fernseher öfter. Meine jüngere Schwester hat von uns dreien wahrscheinlich noch am meisten ferngesehen, aber immer noch weniger als Gleichaltrige.

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Die "Drehscheibe"
(oder den "Länderspiegel" oder was auch immer vor "Daktari" lief) dürften wir auch selten in voller Länge gesehen haben. Man hat halt immer ein bisschen vorher eingeschaltet, um ja den Anfang nicht zu verpassen.

Die Studiodeko der "Drehscheibe" mit dem rotierenden "d" in der Sperrholzwand habe ich aber noch präsent vor dem inneren Auge. Augsburger Puppenkiste ("Urmel aus dem Eis"), Flipper und Lassie waren natürlich Pflichtprogramm. Zum Leidwesen meiner Mutter später auch "Bonanza" und "Rauchende Colts"...

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Bei Kater Mikesch floßen bei uns daheim etliche Tränen, weil er am Ende einer Folge entführt wurde. Bösewichter steckten ihn einfach in einen Sack! Meine Mutter versicherte uns zwar, dass ihm nichts Schlimmes passiere, aber bis dahin dauerte es ja noch eine ganze lange Woche. Meiner jüngeren Schwester weinte später, als die Serie wiederholt wurde, genauso. Vermutlich dürften einige Mütter diese Folge im Stillen verwünscht haben.

Gegen Bonanza und Rauchende Colts hatte sie später nichts, Bonanza guckte sogar unser Vater häufiger mit uns, er mochte den dicken Hoss am liebsten, meine ältere Schwester fand Adam am besten. Allerdings gab es zur selben Zeit wie Rauchende Colts auch die Sportschau, wenn ich mich nicht irre, und manchmal mussten wir dann halt verzichten.
Was hatte Ihre Mutter gegen die Cowboys von der Ranch?

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Nichts persönliches,
aber schon allein die Tatsache, dass da Schießeisen getragen (und bisweilen auch benutzt) wurden, war ihr ein Greuel. Aber da mein Vater diese Westernserien auch mochte, stand sie mit dieser Auffassung recht alleine.

Aus der "Sportschau" und aus allem anderen Fernsehsport machte sich mein Vater gar nichts. Dass viele sich damals den Wecker stellten, um Muhammad Ali in Afrika boxen zu sehen, konnte er nicht verstehen. Auch ließ ihn die Fussball-WM 74 in Deutschland ziemlich kalt. Da war er ziemlich eigen.

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Oh, da kann Ihre Mutter aber von Glück reden, dass sie nicht die drei indianerbegeisterten Töchter meiner Mutter hatte. Die nahm es gelassen hin, dass wir den Vogelsand aus den hohen runden Pappdosen in Tüten kippten, weil wir zwei Köcher brauchten. Weil wir so gern Indianer spielten, schenkte mir mein Vater sogar ein richtiges Jagdmesser zum Geburtstag, und zwei täuschend echt aussehende Revolver besaßen wir auch. Waren ganz schön schwer die Dinger. Inzwischen wäre es wohl gesetzlich verboten, damit herumzulaufen … vielleicht gibt es heutzutage auch eh nicht mehr viele Kinder, die draußen Indianer spielen.

Mein Vater war in jungen Jahren mal ein verflixt guter Schiedsrichter. Ab und an hat er sich dann halt auch später noch Fußball im Fernsehen angeschaut.

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Meine Mutter
konnte nicht von Glück sagen - die hatte ziemlich gelitten mit vier Söhnen, die sich allesamt zum Cowboy oder Indianer berufen fühlten. Und zwar nicht nur an Fasching, sondern das ganze Jahr über. Natürlich hatten wir auch ein ansehnliches Arsenal von Bowiemessern, Pfeil und Bogen und alles, was es damals an Schreckschuss-Gewehren und -Pistolen für Taschengeld zu kaufen gab. Ich hatte einen ziemlich guten Bogen, dessen Pfeile ich mithilfe von abgesägten Nägeln nachrüstete. Das war ein ziemliches Mördergerät, und ich bin nur mäßig stolz drauf, dass ich ihn als Waffe auch tatsächlich mal effektiv benutzt habe. Aber es herrschte phasenweise schon sowas wie Krieg bei uns im Wald, das war kein Spiel mehr. Aus heutiger Sicht muss man sagen, ein Wunder, dass es bei leichten Verletzungen blieb und nichts Schlimmeres passiert ist. Ich glaube, wenn meine/unsere Eltern wirklich gewusst hätten, was da abgeht, hätte keiner von uns mehr ohne Aufsicht Erwachsener aus dem Haus gehen dürfen.

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Natürlich nicht nur an Fasching. Meine Mutter befürchtete immer, dass wir auch 'mal die Scheune abfackeln, so wie Jahrzehnte vorher die Söhne von einem der früheren Bewohner. Diese Scheune sollte in späteren Jahren mal umgebaut werden, blieb dann aber als halboffene Bauruine stehen. Es gab dort dann zwei tiefer gelegene, fensterlose Räume - wie gemacht für Feuer. Fanden wir. Und das haben der Nachbarsjunge, meine Freundin und ich dann da auch ziemlich oft gemacht. Die Scheune steht noch, als ich Teenager war, wurde sie doch noch fertig ausgebaut.

Unsere Pfeile und Bogen haben wir selbst geschnitzt, sie waren vermutlich nicht so gefährlich wie Ihrer, aber es hätte auch ins Auge gehen können.

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Hieß das nicht "ich fühl' mich wohl in Lenor"? Nach Wohlfühlen klingt das eigentlich nicht...
Oder fühlen Sie sich vielleicht schon aprilfrisch?

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Nein, Frau Mifasola,
die Lenorfrau war das verkörperte schlechte Gewissen der Hausfrau. Die Plünnen der Kinder kratzen wie Hölle, und die Frau überlegt, "aber ich habe doch weichgespült". Und dann verdoppelt sich die Frau, und ihr Double fragt, "Hast Du auch Lenor genommen?" Tja, das war noch Werbung...

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An das Lenor-Doppel kann ich mich auch noch erinnern, das muss schon eine Weile her sein... Den Ich-fühl-mich-wohl-in-Lenor-Slogan hat dann später Grey erfunden.

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Das war in den 70ern, als es Slogans gab wie "Mit Tosca kam die Zärtlichkeit" und "Strahlerküsse schmecken besser, Strahlerküsse schmecken gut".

Meister Proper war doch der, der am Ende immer so zwinkerte, nicht wahr? Was hat der noch gemacht, vorher, meine ich?

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Keine Ahnung, putzende Männer waren mir damals noch suspekt ;-)

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Das Zwinkern wirkte auf mich immer etwas anzüglich, als würde der mit dieser Hausfrau noch ganz andere Sachen machen.

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Also der Hausfrau passiert bestimmt nichts - für mein Gefühl war und ist Meister Proper nämlich schwul. Muss an der Mischung aus Ohrring, Körperkult und Häuslichkeit liegen.

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Hmm, auf den Gedanken war ich bislang noch nicht gekommen. Muss ich mal meinen Freund in Berlin fragen, was der meint.

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Danke noch mal für die wichtige Erinnerung an "Mit Tosca kam die Zärtlichkeit"!

Natürlich guckte Meister Proper anzüglich. Da ist nichts zu deuten! Und zwar in alle Richtungen. Meister Proper hat nichts anbrennen lassen!

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Habe ich das also richtig beobachtet. Gibt's die beiden eigentlich noch, Meister Proper und Tosca?

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Meister Proper schon. Tosca nur noch auf der Bühne, glaube ich.

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Und da stirbt sie dann. Die Zärtlichkeit ist aber vielleicht trotzdem gerettet, denn den Duft gibt es noch. Die Marke wurde einige Male verkauft, zuletzt 2007. Jetzt ist es der Duft für die Persönlichkeit der reifen und aktiven Frau von heute. Falls sich gerade jemand fragt, nach was die riecht: nach einem "Mix aus Bergamotte, Orange, Jasmin, Maiglöckchen und Rose, vereint mit sinnlich-sanften Akkorden aus Vanille, Ambra und Patchouli".

Nicht nur der Slogan änderte sich mit der Zeit, auch das Aussehen der Flakons, der ein oder andere kam sogar recht elegant wie französische Markenparfums daher.

Ich kann mich gar nicht daran erinnern, wann ich zuletzt eine Toska-Flasche im Laden gesehen habe, muss schon eine Weile her sein. Der berühmte Slogan wurde übrigens 1974 erfunden. Ich frage mich gerade, wie viele Frauen in der DDR Tosca bekamen, damals packte man ja noch fleißig Pakete und schickte die nach drüben.

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Sedieren Sie doch Ihr schlechtes Gewissen mit, äh, jetzt wollte ich gerade Schokolade vorschlagen. Wenn ich mich recht entsinne, essen Sie aber gar keine mehr?
Tja. Dann husch an die Mailbox, wir warten :)

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Ich habe mir stattdessen eine dunkelrote Bio-Fruchtschnitte reingezogen, aber immer noch keine der E-Mails geschrieben. Da kamen gestern Abend lauter neue Mails, die habe ich dann postwendend beantwortet, bevor die auch noch Moos ansetzen.

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Jetzt erst recht!
(Übersprungshandeln! Rebellieren! Bloggen! E-Mails liegen lassen! (die werden ja nicht schlecht! Aber wir armen Leser, wir!))

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Die E-Mails liegen hier wirklich schon sehr lange herum, seit dem
25. April 2007
22. Juli 2007
9. August 2007
Juli 2006(!) / 5. September 2007 / 15. Oktober 2007 und 22. Dezember 2007

Und das sind alles E-Mails von Leuten, die ich mag. Verglichen mit den Absendern jener E-Mails können sich meine Leser echt nicht beschweren!

P.S. Die beiden Briefe sind vom Januar 2008.

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oha.
Dann sind die ja quasi bald verjährt!

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Da ging es m die verspätete Bekanntgabe einer Hochzeit und einer Geburt (Paar nicht identisch). Ein mögliches und ein definitives Ehe-Ende waren auch dabei. Plus Segenswünsche zum Jahr der Maus. Gilt also alles noch und verjährt nicht.

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