Dienstag, 4. März 2008
Dachlatte
In jüngster Zeit erinnert man sich allenthalben an Holger Börner, gelernter Betonfacharbeiter und einst hessischer Ministerpräsident, der auch einmal anderthalb Jahre lang einer geschäftsführende Landesregierung vorstand. Ob er damals tatsächlich die Grünen mit der Dachlatte verhauen wollte oder ob sich der Satz nicht vielmehr auf Demonstranten gegen die Startbahn West bezog, sei 'mal dahingestellt. Wäre er heute noch am Leben, würde er womöglich eher seine eigenen Parteifreunde, diese gefühlten Wahlsieger, damit versohlen. Ehrlich gesagt, könnte ich es ihm nicht verdenken.

Verstehe mich bitte keiner falsch. Ich hege keinerlei Sympathien für R*land Koch und sähe ihn auch lieber heute als morgen ganz weit weg. Auf Elba oder so.
Aber ich glaube aus verschiedenen Gründen nicht, dass Andrea Ypsilanti sich, ihrer Partei oder gar den Hessen einen Gefallen tut, wenn sie sich mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lässt.

Zur Erinnerung: Als es um die Nominierung eines SPD-Spitzenkandidaten für die hessische Landtagswahl 2008 ging, gab es eine Mitgliederbefragung. Die entschied damals Jürgen Walter für sich, 18 der 26 SPD-Unterbezirke sprachen sich für ihn aus. Doch das Ergebnis war für den Landesparteitag im Dezember 2006 nicht bindend. Dort setze sich dann Andrea Ypsilanti mit gerade einmal zehn Stimmen Vorsprung durch - allerdings erst im zweiten Wahlgang. So sicher kann sie sich also gar nicht sein, dass die Partei geschlossen hinter ihr steht. Im Gegenteil, wie man so hört, stehen sich ihre Anhänger und die von Jürgen Walter nach wie vor recht unversöhnlich gegenüber.

Doch selbst wenn ihre Wahl zur Ministerpräsidentin glatt über die Bühne gehen sollte - erinnert sich noch jemand an Heide Simonis? -, folgt darauf nicht unbedingt ein fröhliches Regieren. SPD, Grüne und Linke haben zusammen nämlich gerade einmal zwei Stimmen Vorsprung, da wird doch jede weitere Abstimmung zu einem wahren Vergnügen, fragt sich bloß, für wen. Die Linke wäre schön blöd, wenn ihre Zustimmung nicht auch von Zugeständnissen an sie abhinge. Fragt 'mal Reinhard Höppner, der weiß, was das kostet. Unter anderem 15,9 Prozent Stimmenverluste bei der Landtagswahl.

Mag sein, die ganze Aktion soll eh nur dazu dienen, nach ein paar Monaten mit Ministerpräsidentinnenbonus in die vorgezogenen Neuwahlen zu gehen. Dummerweise gibt es eine ganze Reihe Wähler, die am 27. Januar ihre Stimme der SPD gaben und das schon bereut haben. Die nun sagen, wenn sie das vorher gewusst hätten, hätten sie sie nicht gewählt. Gut möglich also, dass die von der SPD beim nächsten Mal nicht einmal mehr die gefühlten Wahlsieger sind.

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