Sonntag, 16. April 2006
Something the cat brought in
Vorm Eingang zum Arboretum fand ich eine tote Maus, die die Hauptstadtkatze dort abgelegt hat. Vielleicht ist es auch ein Stöckchen vom Glückskeks, aber ich finde, es sieht eher aus wie eine inzwischen nicht mehr ganz frische Mäuseleiche. Ist ja auch schon ein paar Tage alt, ich habe es aber eben erst entdeckt. Dabei war ich heute früh schon vor der Tür, um die Sonntagszeitung aus dem Briefkasten zu holen. Telefoniert habe ich auch schon, gerade eben, mit dem Freund in Berlin und dessen Freund. Von dem habe ich mir Да будеть воля твоя übersetzen lassen, was so viel heißt wie "Dein Wille geschehe". Steht oft auf Grabsteinen. Russisch-orthodoxe Christen bekreuzigen sich übrigens dreimal, wenn sie aus der Kirche gehen. Sie halten davor inne, drehen sich mit dem Gesicht zu Tür und schlagen das Kreuz von rechts nach links. Und jedesmal berühren sie dabei auch noch mit der Hand den Boden. Ich habe mich gefragt, ob sich Katholiken auch von rechts nach links bekreuzigen, wusste jedoch die Antwort nicht. Aber sie knicksen vorm Altar. Ich kann mich an einen katholischen Küster erinnern, der in der Kirche arbeitete und vorm Altar das Knie beugte, wenn er mit dem Staublappen daran vorbei kam, was andauernd der Fall war.

Der, der die Schwabenkinder über die Alpen führte, war auch katholisch. Jedenfalls in dem gleichnamigen Film, den ich als letzten im Fernsehen sah. Ich besitze ja keinen Fernseher, habe aber in der vergangenen Woche die Pflanzen in der Wohnung meiner Schwester gegossen. Im Kino sah ich zuletzt den "Ewigen Gärtner" in der Originalfassung. Fürs Gärtnern wäre ich jetzt aber nicht richtig angezogen, in dem langen Rock aus petrolfarbenem Waschleder, ecrufarbenen Pullover und knöchelhohen schwarzen Schnürstiefeln. Meinen Pflanzen hier geht’s aber trotzdem ganz gut, die Ludisia hat wieder schön geblüht. Vier Dolden waren es diesmal, im vergangenen Jahr waren es sogar acht. Bei der von meiner Mutter waren es nicht so viele, dabei hat sie einen grünen Daumen.

Mein Daumen ist auf jeden Fall nicht so beweglich wie der von Glückskeks. Stattdessen vermag ich, innerhalb kürzester Zeit Chaos auf dem Küchentisch anzurichten, zwei Tageszeitungen helfen dabei übrigens ungemein, falls das jemand nachmachen möchte. So wirklich empfehlen kann ich das aber eigentlich nicht. In der Küche läuft gerade Deutschlandradio: Kicken beim Nachbarn. Polen auf deutschen Fußballplätzen.

Ich sitze gerade nebenan, in dem Zimmer, an dessen Wänden sechs Bücherregale stehen oder hängen. Außerdem hängen dort zwei Kalender, einer zeigt Petr Alexandrovich Nilus’ Auf der Brücke (das Original befindet sich im Museum für schöne Künste in Odessa), ein Katzenkalender, ein Poster aus der Galleria Uffizi Firenze, das mir meine Schwester geschenkt hat, weil ich damals auf die Katze ihres Freundes aufgepasst hatte. An der einen Wand lehnt ein Bild, was mir einst mein russischer Freund gemalt hat, an einer anderen Wand hängt ein abstraktes Aquarell meiner Mutter, es zeigt – Überraschung! – Bäume.
Ein Fenster und zwei Türen hat es auch, das Zimmer. Neben der zur Küche habe ich zwei Postkarten an die Wand gepinnt: Max Liebermanns Regenstimmung an der Elbe (das Original hängt in der Hamburger Kunsthalle) und die Kreidefelsen von Rügen. Wenn ich meinen linken Arm zur Seite ausstrecke, greife ich ins Leere, bis zum Bücherregal reicht mein Arm nicht.

Die Karbonade war kalt, aber er hatte keine Lust, sie aufzuwärmen. (Antonio Tabucchi: Erklärt Pereira), das Buch habe ich heute Morgen im Bett ausgelesen, jetzt liegt es vor mir, damit ich daran denke, es zurückzugeben, es ist nur geliehen. Heute Morgen nach dem Aufwachen wusste ich noch, was ich geträumt habe, inzwischen habe ich es vergessen. Vor ein paar Tagen bekam ich im Traum einen regelrechten Lachkrampf, ich weiß nicht mehr, warum – nur, dass es sehr unpassend war. Deshalb ging ich im Traum zum Lachen in den Keller. Dort habe ich mir schier gekugelt, dann wachte ich mit einem Grinsen auf.

23 überfordern mich, ich lass es jetzt einmal gut sein.

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