Freitag, 5. Oktober 2007
Feuilleton-Katholizismus
Über die konservative Wende des Literaturbetriebes und den Büchner-Preisträger Martin Mosebach sprach Sigrid Löffler eben im Interview im Deutschlandradio.

... comment

 
Herzhaft gelacht, klasse Kritik. Der heimliche Rechtsruck des Feuilletons? Ach ihwo. Das Feuilleton hält sich immer auf Armeslänge zur sog. Macht auf. Dass es sich selber als distanzierter u. kritischer versteht gehört ins eitle Selbstbild. (Ist es nicht seine Funktion die Gewissensbisse der gebildeten Stände zu artikulieren, sich schliesslich aber für das machtpolitisch "Richtige" durchzuringen? Bildung: Blitzableiter der Macht - stimmt zwar nicht, klingt aber schmissig!)
Dass Prof. Löffler meint es ginge bei den Lit.preisen um Qualität, nicht aber um politisches Gerangel, kann ich nur als strategische Regression ins Naive verstehen.

Warum fällt es mir so schwer bei D-Radio o. Arte überhaupt Programme, die der Aufmerksamkeit wert wären, zu erkennen? Die Websites helfen einem ja nicht unbedingt durch übersichtliches Design.

... link  

 
Ich finde die Seiten vom DRadio/DLF eigentlich ganz übersichtlich, da habe ich mich mit denen anderer Radiosender oft schwerer getan. Aber vielleicht liegt das auch daran, dass ich die schon länger nutze als andere. Das Farbleitsystem ist auch einfach, blau ist DLF, orange DRadio, da weiß man immer gleich, wo man ist.

Vielleicht hilft Ihnen diese Erläuterung. Es gibt auch mehrere Newsletter, für die man sich eintragen kann (wenn man nicht die Programmvorschau fürs DRadio und DLF oder den Tagesüberblick [für beide] nutzen möchte). Darunter ist auch ein Wochenvorschau für beide Sender, die kommt dann immer sonnabends.

Das Interview mit Sigrid Löffler habe ich eher zufällig gehört, weil der Sender bei mir auch im Badezimmer läuft. Um kurz nach neun Uhr machen die immer ein Kulturinterview (siehe Programmschema - wobei das nicht aktuell ist, heute ist der erste Tag mit den neuen Sendestrecken).

... link  


... comment
 
"... und ich finde, das hat etwas Perverses." Lange nicht mehr eine derart angewidert-hochnäsige Qualifizierung gehört. Mal abgesehen vom Inhalt.

... link  

 
Mit halben Zitaten ist das ja immer so eine Sache ...

Im Wortlaut lautet der komplette Satz:

Also das Besondere daran soll sozusagen sein, das Alleinstellungsmerkmal gegen die misera plebs, dass man ein übel beleumdetes Etikett [das des Reaktionärs] sich selber stolz anheftet und ich finde das hat etwas Perverses.

Ich selbst habe noch nichts von Mosebach gelesen. Sehr wohl habe ich aber schon mehrfach in verschiedenen Feuilletons gelesen, dass er ein Reaktionär sein soll.

... link  

 
Stimmt, aber meine Anmerkung bezog sich auch hauptsächlich auf den (hier natürlich nicht nachzuvollziehenden) Tonfall der Frau Löffler, den Inhalt wollte ich eben nicht kommentieren. Auch weil ich ebenfalls noch nichts von Mosebach gelesen habe. Was aber den Inhalt angeht, so würde ich ohne akut greifbares Beispiel einfach mal behaupten, dass hier etwas unzulässig vom Besonderen auf das Allgemeine geschlossen wird. Andere "übel beleumdete Etiketten", die durch Selbstaneignung auf eventuell erfrischende Weise neu in den Diskurs eingebracht werden, können doch durchaus denkanstößig wirken.

... link  

 
Doch, doch, der Tonfall ist schon nachvollziehbar, im Ursprungsposting habe ich ja das Interview zum Anhören verlinkt.

Es mag ja sein, dass man solchübel beleumdete Etiketten wie das des Reaktionärs auf "erfrischende Weise" neu in den Diskurs einbringen und dadurch Denkanstöße zu geben vermag - aber muss es dafür gleich den Büchner-Preis geben? Denn das wiederum war es, was Frau Löffler in Frage stellte, weil sie eben die literarische Qualität seines Werkes nicht gegeben sieht (anders als beim ollen Handke). Sie verwies dabei auch auf Mosebachs Nähe nicht nur zu Nicolas Gomez Davila, sondern auch zum Karolinger Verlag. Ich habe mir mal deren Verlagsprogramm angeschaut, nicht nur das, was in deren "Bibliothek der Reaktion" erscheint, kam mir etwas merkwürdig vor.

Ich weiß nicht, ob ich 'mal etwas von Mosebach lesen werde. Ganz gewiss wird es aber nicht Häresie der Formlosigkeit. Die römische Liturgie und ihr Feind sein, als Protestantin interessiert mich das schlichtweg nicht.

... link  

 
Der Literaturnobelpreis für Doris Lessing fand heute auch wenig Gnade vor ihren Augen. Zum einen käme er 30 Jahre zu spät kommt - Lessings Themen seien Themen des 20. Jahrhunderts, außerdem hätten Naipaul und Coetzee mittlerweile Besseres zum Thema Kolonialzeit geschrieben und ebenfalls den Literaturnobelpreis bekommen. Zum anderen sei Lessings Alterswerk so schwach.

Leider habe ich nicht mitbekommen, was sie zum Deutschen Buchpreis an Julia Franck gesagt hat, aber vielleicht meldet sie sich ja beim Chamisso-Preis wieder zu Wort.

... link  

 
Die "30 Jahre zu spät" finde ich aber etwas zwiespältig. Zum einen, klar, aktuell hätten dann wohl andere ihn eher verdient. Andererseits soll so ein Nobelpreis ja bleibende Leistung anerkennen (soweit ich das als Randbeobachterin verstehe), und da kann man nicht wirklich zu spät kommen. Viel schockierender fand ich, dass mir ihr Name schon wieder völlig unbekannt war (letztes Jahr war's ebenso).

... link  

 
Das lässt vermuten, dass Sie erst einige Jahre nach der Mondlandung geboren wurden, denn Lessings Goldenes Notizbuch lag in den 80ern überall herum. Gelesen habe ich es aber auch nicht, nur angefangen und dann irgendwann aufgegeben. Den Zyklus Kinder der Gewalt fand Frau Löffler aber lesenswert. Das mit der Lebensleistung sieht sie wohl etwas anders: Das schwache Alterswerk hindere daran, "die großen Werke noch so zu sehen, wie sie damals doch gemeint waren". Lessing habe sich immer große Themen vorgenommen, aber in den späten Romanen zeigten sich "Verwässerungen ihrer Lebensthemen, es sind Sentimentalisierungen, das Werk wird larmoyant und kann eigentlich an die große Kraft ihrer frühen Romane nicht mehr anschließen".

Ah, ich sehe gerade, mit der Shortlist des Deutschen Bücherpreises war Frau Löffler auch nicht einverstanden. Auf der stand allerdings Mosebach ebenfalls.

... link  


... comment


To prevent spam abuse referrers and backlinks are displayed using client-side JavaScript code. Thus, you should enable the option to execute JavaScript code in your browser. Otherwise you will only see this information.