Mittwoch, 24. Juni 2009
Fragen der Menschheit (XIX)
Wie viele der bislang in Afghanistan umgekommenen Bundeswehrsoldaten stammen eigentlich ursprünglich nicht aus Ostdeutschland?

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Ich beschäftige mich ja jetzt schon ein, zwei Tage mit dieser Frage, allerdings bleibt mir deren tieferer Sinn (im Sinne von "worauf wollen Sie hinaus?") verborgen.
Ist es nicht so, dass (zumindest war es früher so, als es noch um KFOR-Einsätze in Bosnien ging), man als normaler Wehrdienstleistender nicht gegen seinen Willen verschickt werden kann, sondern sich damit einverstanden erklären muss?

Letztlich weiß ich von einem Zweibrückener, aber ich habe diese Todesfälle auch noch nie unter dem Ost/West-Aspekt betrachtet.

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Ich habe keine Strichliste geführt, aber mein Eindruck ist, dass es überwiegend Soldaten sind, die aus Ostdeutschland stammen. Was vermutlich mit den dortigen Arbeitslosenquoten zusammenhängen dürfte (und vielleicht auch mit einem anderen Bezug zur Armee und dem Soldatentum als Beruf - im Westen gehörte es zeitweise zum guten Ton, den Wehrdienst zu verweigern, in der DDR war das nicht wirklich eine Alternative, wenn man beruflich noch etwas werden wollte. Bausoldaten konnten jegliche Studienträume und Berufswünsche begraben). Geld könnte ebenfalls eine Rolle spielen, für den Afghanistaneinsatz gibt es meines Wissens täglich rund 92 Euro Zuschlag steuerfrei.

Ich kenne jemand, der hat vor einigen Jahren eine Logistik-Kompanie der Bundeswehr befehligt. Er erzählte mir häufiger einmal, dass er wieder Leute für den KFOR-Einsatz bereitstellen musste. "Sie sind immer fast alle Zeitsoldaten aus Ostdeutschland", sagte er zu mir. Die Kompanie war übrigens im Westen stationiert, deshalb sagt der Standort nicht unbedingt viel über ihre Herkunft aus.

Diese drei Soldaten, die am 7. Juni 2003 in Afghanistan bei einem Attentat starben, waren auch aus Ostdeutschland. Der Film über ihre Angehörigen ist sehr gut.

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Sehr richtig, Frau Arboretum!
Schön, dass das mal jemand thematisiert, denn es ist so, wie es immer war: Die mit den ökonomischen Zwängen, die sterben zu erst. Auch wenn Münte gerade im SPON irgendetwas von der Gleichwertigkeit der Menschen faselt. Die gab es nicht und gibt es auch nicht, im real existierenden Kapitalismus schon gar nicht.

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Und für den blöden Spruch,
unsere Demokratie werde am Hindukusch verteidigt, möchte ich dem Struck eins auf die zwölf geben, dass das Mundstück seiner Pfeife zum Hinterkopf wieder rauskommt.

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Wobei Struck laut jenem Bekannten bei den Angehörigen der Bundeswehr beliebt war - ganz im Gegensatz zum jetzigen Verteidigungsminister.

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Die Zeiten, in denen Unterschiede hinsichtlich einer möglichen Wehrdienstverweigerung gemacht wurden, sind inzwischen aber auch schon so lange her, dass die Generationen, die sich für oder gegen einen Wehrdienst entscheiden müssen, diesen Unterschied überwiegend allenfalls aus Erzählungen kennen.

Und es gibt auch im Westen sehr arme Regionen mit hohen Arbeitslosenquoten. Insofern tue ich mich schwer damit zu glauben, dass es nur Osten Menschen mit ökonomischen Zwängen geben soll. Die, denke ich, gibt es verteilt überall.

Aber, um mal wieder zurückzurudern: Ohne glaubwürdige Zahlen hinsichtlich der Gesamtzahl der im Ausland Stationierten, die Freiwilligkeit der Einsätze usw. sehe ich mich überhaupt nicht in der Lage, eine wie auch immer geartete Bewertung zu leisten.

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Dass es auch im Westen strukturschwache, arme Regionen gibt (z.B. Südwestpfalz - in und um Pirmasens erzielte seinerzeit die NSDAP deshalb schon frühzeitig hohe Wahlergebnisse), steht außer Frage. Auch aus diesem Grund deutete ich an, dass möglicherweise auch ein traditionell andere Haltung zur Armee eine Rolle spielen könnte - eventuell kommt für junge Leute aus strukturschwachen Regionen im Westen die Bundeswehr einfach nicht im selben Maße in Frage (es gibt doch sicherlich auch ein paar Jobs, die Sie aus ethischen Gründen niemals machen würden, ökonomische Zwänge hin oder her). Und bei der Haltung gegenüber dem Soldatentum könnte es durchaus einen Unterschied machen, ob Vater und Großvater sich schon als Offiziere bei der NVA verpflichtet haben (ob für den ersehnten Studienplatz oder sogar das ganze Berufsleben lang) oder ob der Großvater ein weißer Jahrgang und der Vater ein Zivildienstleistender war.

Auch mir liegen keine verlässlichen Zahlen vor, ich weiß auch nicht, wie hoch der Anteil der Ostdeutschen in der Bundeswehr insgesamt ist - auch deshalb stellte ich eingangs diese Frage.

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Ich kann mir gut vorstellen, daß der Anteil Ostdeutscher unter den Zeitsoldaten überproportional hoch ist - was natürlich mit der wirtschaftlichen Gesamtsituation zu tun haben könnte. Traurig aber wahr.

Dasselbe gilt übrigens für UN-Truppen: die größten Truppensteller sind meines Wissens Länder wie Bangladadesh, Pakistan (die haben wenigstens noch anständige Ausrüstung & Erfahrung, weil langjährige Geschichte eigener bewaffneter Konflikte), sowie viele andere Entwicklungsländer. Industrieländer hingegen stellen bei manchen UN-Missionen nur eine Handvoll Militärpersonal als Beobachter - habe ich gehört.

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Ich denke mal,
die Todesrate (die mir subjektiv bei Soldaten aus den neuen Ländern auch etwas höher zu sein scheint) sagt ja erst mal wenig aus über den Stellenwert der Armee als Arbeitgeber in Ost und West. Da müsste man schon absolute Zahlen haben über den Anteil Westler/Ostler und dann auch mal nach Dienstgrad-Gruppen differenzieren. Vielleicht würde sich dann herausstellen, dass der Ost-Anteil hauptsächlich beim Fußvolk und den Unteroffizieren höher ist, keine Ahnung. Vielleicht ist wenn es um die Attraktivität der Soldatenlaufbahn geht auch eher die Frage Stadt oder Land entscheidender als die
Herkunft aus Ost oder West.

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Das hat doch garantiert schon ein Soziologe untersucht, wenn es nicht sogar einer von deren eigenem soziallwissenschaftlichen Institut war. Man sollte mal deren Pressestelle fragen, ob die Daten haben - und herausrücken.

Interessant, dass Sie auch diesen Eindruck haben, dass die Todesrate höher zu sein scheint. Da Land tendenziell strukturschwächer ist als Stadt, und Bundesländer wie Brandenburg und Meck-Pom ohnehin sehr viel mehr Land als Stadt sind, dürfte sich das hinsichtlich der Herkunft aber vermutlich decken. Wo Sie schon zu Recht auf den Aspekt der Dienstgrad-Gruppen hingewiesen haben - ein anderer Aspekt, der eine Rolle spielen könnte, sind die Aufgaben und Tätigkeiten innerhalb der Bundeswehr (siehe die oben erwähnte Logistik-Kompanie). Womöglich wählen Ostler auch häufiger Tätigkeiten, bei denen ein Auslandseinsatz wahrscheinlicher ist?

@ Damenwahl: Von der US Army ist das bekannt. Es gibt einige Bundesstaaten, da ist die Quote der Leute, die zur Army gehen sehr hoch (ich weiß jetzt nicht mehr genau, ob das Virginia und eins der Carolinas waren). Für arme Weiße, Afro-Amerikaner usw. war das früher ein Weg, die Collegeausbildung zu finanzieren. Und wer Glück hatte, wurde in West-Germany stationiert, wo es gutes Bier, Autobahnen und deutsche Frolleins gab.

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....wenigstens hat Strucki mittlerweile begriffen, dass es sich bei Afghanistan tatsächlich um "Krieg" handeln könnte...eine irre Erkenntnis nach 8(!!!) Jahren KRIEG.

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Armut macht Kanonenfutter. Hier und da:
http://www.antonio-derfilm.de/synopsis/synopsis.htm

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Vielen Dank für den Hinweis auf Das kurze Leben des José Antonio Gutierrez, ich glaube, hier lief der Film nie im Kino, er fand wohl keinen Verleiher.

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Dass die Bezeichnung "Krieg" vermieden wird, dürfte auch versicherungstechnische Gründe haben, Herr Gorillaschnitzel. Die meisten Lebensversicherung zahlen in dem Fall wohl nicht, dann müsste der Staat einspringen.

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Wie wär's denn damit: Hier einfach mal auszählen: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Bundeswehrstandorte_in_Deutschland

Im Ergebnis gibt es im Osten relativ zur Bevölkerung viele Standorte, die das Bewusstsein entsprechend prägen.

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