Mittwoch, 15. August 2007
Trees shall crowd
Where’er you walk,
cool gales shall fan the glade;
trees, where you sit,
shall crowd into a shade.
Where’er you tread,
the blushing flow’rs shall rise,
and all things flourish
where’er you turn your eyes.
Georg Friedrich Händel: Semele
Foto: EMI Classics
Nebenbei straft Ian Bostridge alle Klischees über Tenöre Lügen. Denen sagt man ja ganz gerne nach, dass sie nicht unbedingt die Hellsten seien. Er aber hat in Cambridge und Oxford Geschichte und Philosophie studiert, über Hexenglauben in England in den Jahren von 1650 bis 1750 promoviert und war danach Fellow am Corpus Christi College, Oxford. Sein Lebtag wird er auch niemals so dick werden wie Pavarotti & Co., Bostridge ist groß und sehr schlank - er hat diese skinny sexiness, die englischen Männern nicht selten zu eigen ist. Und sehr blaue Augen.
Bei all dem tritt er völlig unprätentiös auf. Steht bescheiden auf der Bühne und erweckt manchmal den Eindruck, als sei es ihm fast peinlich, dass ihm das Publikum noch mehr zujubelt als dem Orchestra of the Age of Enlightenment. Deren Solo-Geiger Matthew Truscott ist übrigens ebenfalls sehr nett anzuschauen. Nicht nur, weil er mit offensichtlichem Vergnügen musiziert. Sehr schlank ist auch er (Engländer, siehe oben), und ich wette, er hat einen ganz wunderbaren trockenen Humor.
Nach dem Konzert tat ich etwas, was ich erst zweimal in meinem Leben getan habe: Mir von einem Künstler die CD signieren lassen. Als ich Ian Bostridge in dem Gedränge leise auf Englisch für den wunderbaren Abend dankte, da freute er sich spontan und sagte genauso leise Thank you. Als er mir die CD zurückgab, lächelte er mich ein zweites Mal an, so dass mir jetzt noch schwindelig ist und meine Begleitung, die das nur aus der Ferne beobachtete, mich fragte: Hast Du etwas zu ihm gesagt? Er hat Dich ja so strahlend angelächelt ... das war richtig auffällig.
Wenn Sie also die Möglichkeit haben, Ian Bostridge zu hören, wie etwa Ende August/Anfang September in Österreich (am 3. Oktober singt er nochmals in Wien), am 18. September in Basel, am 19. September in Köln, am 14. November in Berlin oder am 21. Dezember in Dresden, dann gehen Sie unbedingt hin.
Ich genieße derweil das Glück, nicht wie Händels Zeitgenossen diese wunderbare Musik womöglich nur einmal im Leben hören zu können, sondern drücke die Repeat-Taste. Und nun entschuldigen Sie mich bitte, ich muss jetzt noch ein bisschen schmachten.
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