Sonntag, 23. März 2008
Schöner wohnen
Stell’ Dir vor, ich habe eine neue Wohnung, verkündet die beste Freundin gutgelaunt. Sie hatte schon eine ganze Weile gesucht, Anzeigen aufgegeben, sich mit Maklern getroffen und auf Chiffre-Anzeigen beworben. Vergeblich. Dann sah es zwischendurch sogar so aus, als müsste sie wegen des Jobs nach Köln ziehen - umso mehr freue ich mich jetzt über diese Neuigkeit.

Die neue Wohnung ist schräg gegenüber meiner alten, erzählt die beste Freundin weiter. Sie ist nur etwas größer, hat zwei Zimmer und kostet unschlagbare 350 Euro kalt. Kein Balkon diesmal, aber in der Küche kann man die Füße aufs Fensterbrett legen und in den Hinterhof gucken, das tut’s auch. Leider ohne Aufzug, aber bis in den zweiten Stock müsste ich es noch schaffen. Was Dein Herzlein erfreuen wird: Der erste Cellist des Staatstheaters hat dort eine Zweitwohnung. Ich weiß nicht, wie alt der Typ ist, aber Musiker passen doch in Dein Beuteschema, da schicke ich Dich mal hin, eine Tasse Salz ausleihen.
Die beste Freundin lacht.

Das ist aber fürsorglich, dass Du bei Deiner Wohnungswahl auch gleich noch an mich denkst, sage ich und grinse. Wie bist Du denn da so plötzlich herangekommen?

Zufall, sagt die beste Freundin. Auf dem Heimweg vom Bahnhof bin ich vorige Woche an einem Aushang „Wohnung zu vermieten“ vorbeimarschiert. Ich habe angerufen und keine 15 Minuten später schon die Wohnung angeschaut. Und weißt Du, warum ich sie bekommen habe? Nicht, weil ich diesen spießig-seriösen Job in der Knochenmühle habe, nein, nein. Sondern weil ich Historikerin bin!

Da war ja das Studium doch mal zu was gut, scherze ich.
Als der Vermieter das hörte, hat er mir sofort den Mietvertrag mitgegeben, erzählt die beste Freundin dann. Dabei wollte er sich noch 16 andere Bewerber anschauen. Aber der fand das sehr interessant, er ist nämlich in einer historischen Gesellschaft aktiv. Ich habe ihm schon mein Bücherregal für diesen Verein versprochen, ich kaufe mir eh ein neues. Zwar habe ich noch keine Ahnung, wie ich die neue Wohnung einrichten will, aber eins steht schon fest: Eine Wand im Schlafzimmer lasse ich in einem hellen Pfauenblau mit Goldsprenkeln anstreichen. Das habe ich mal in Paris gesehen, sieht ganz toll aus. Du musst es Dir vorstellen wie eine Mischung aus französischem Schloss und usbekischem Bordell.

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Morgen machen wir übrigens eine Palastbesichtigung, ich bin schon sehr gespannt. Noch ist er ja leer.

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Ich bin am Grübeln, wie ein usbekisches Bordell aussehen mag.

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Gute Frage. Vermutlich meinte sie aber eher die opulent ausgestattete Luxusversion.

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Du musst es Dir vorstellen wie eine Mischung aus französischem Schloss und usbekischem Bordell.

Wow. Ich bin unbesehenerweise schwer begeistert.

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Ich auch. Vorhin am Telefon dachte sie allerdings auch laut über ein dunkles Indigoblau nach, die anderen Wände sollten dann blaugrün werden. Mal sehen, wofür sie sich letztlich entscheidet. Die Küche sollte anfangs mal zart lindgrün angestrichen werden, dann war die Rede von einem hellen Vergissmeinnichtblau, aber das kann sich auch noch ändern. Der Maler hat erst in der zweiten Julihälfte Zeit.

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Eine schöne Geschichte ...

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Merci.

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Noch schöner ist, wie die Geschichte weiterging. Die beste Freundin ist 2012 aus dieser Wohnung mit vergissmeinnichtblauer Küche und pfauenblauem Schlafzimmer wieder ausgezogen - um mit dem Vermieter zusammenzuziehen. Voriges Jahr haben sie sich verlobt, in zweieinhalb Monaten bin ich Trauzeugin.

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Neue Wohnungen haben ja immer was - dieser Raum, den man füllen darf... Helles Pfauenblau klingt ja auch vielversprechend!

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Heute nehmen wir erst einmal eine kleine Flasche Sekt, japanische Klappstühle Sitzkissen und einen knalltürkisen Beistelltisch mit hinüber.
Als ich den Tisch gesehen habe, sagte die beste Freudin, musste ich ihn einfach kaufen.
Man merkt, dass Du schon über 20 Jahre mit mir befreundet bist, entgegnete ich lachend. Das färbt ab.

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Statt Pfauenblau habe ich zuerst Plattenbau gelesen. Entschuldigung. ;)

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Bei mir war's pflaumenblau :-)

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Neue Wohnungen einzurichten ist eine der allertollsten Beschäftigungen überhaupt. Einer der Gründe, warum ich so oft umgezogen bin.

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